Wort bis Sage

Das Wort "Wort" ist das treffendste deutsche Wort für die ideelle Entität Wort, also für den Wortbegriff. Wortwörtlicher kann in diesem Fall die Benennung nicht sein.

Ein nicht ganz so zutreffendes Wort für den Wortbegriff ist das Wort "Benennung". Es hebt zwar die gewiss nicht nebensächliche Benennungsfunktion des Wortes hervor, tut aber damit so, als wäre das die einzige. Eine Entität, sprich ein irgendwie Seiendes, benennen heißt, ihr einen Namen geben.

Ist jedes Wort ein Name? In gewisser Hinsicht ja. Zum Beispiel ist das Wort "bis" der Name für eine Sorte von Verhältnissen, nämlich für die "(von)-bis (zu)"-Verhältnisse; es gehört zu den Präpositionen, und die werden ja auch "Verhältniswörter" genannt. Indessen ist es gebräuchlicher, nur von einem Substantiv, also einem Substanzwort, zu sagen, dass es ein Namenswort (lateinisch: Nomen) sei. Sowohl fach- als auch umgangssprachlich wird bei Namen sogar hauptsächlich an Eigennamen, also an Benennungen von etwas Individuellem gedacht. So ist "Erde" der Eigenname unseres Planeten und nur außerdem auch noch ein Namenswort für ein etwa zum Ackerbau geeignetes Stoffgemisch. Noch (str)enger genommen, sind lediglich Personen und andere personifizierte Wesen Namensträger. Als Hauptzweck des Namens wird dabei die Adressierbarkeit des bezeichneten Individuums verstanden. Deshalb erhalten Haustiere oder auch Spielzeugpuppen Rufnamen, Menschen Vor- und Familiennamen und andere "juristische Personen" Vereins-, Firmennamen etc. 

Eine Anrede, in der nicht der Name der angeredeten Person vorkommt, kann höchstens ein Notbehelf sein und ist nicht selten eine Respektlosigkeit – nicht erst dann, wenn despektierliche Spitznamen verwendet werden. Überhaupt angeredet werden will nicht jeder jederzeit von jedem. Ebenso traut sich nicht jeder jederzeit, jeden anzureden. 

Die Anrede ist schon eine besondere Rede, eine besonders kurze auf alle Fälle. Sie soll ja auch bloß ein Rede-Anfang oder -Anstoß sein; immerhin mehr als eine bloße Grußformel. "Was sagen Sie, nachdem Sie 'Guten Tag' gesagt haben?" (Eric Berne) ist demzufolge schon eine Frage anderen Kalibers, die das "Miteinander reden" (Friedemann Schulz von Thun) angeht, sofern es keinen Einzelvortrag, keine wortreiche Rede zu halten gilt, die dann eben keine An-Rede, sehr wohl aber eine An-Sprache ist.

Angeredet wird in einer Rede eine Zuhörerschaft, angesprochen vieles, was zum Thema der Ansprache gehört.

Das Thema wird so zur Sprache gebracht.

Gelingt das gut, dann ist die Rede ein sprachliches Highlight. Anderenfalls kann die Ansprache in einem bloßen Sprücheklopfen bestehen, worauf sich zum Beispiel Wahlkampfredner berechnend beschränken, wenn sie nicht sowieso dem Gespräch abhold sind, dem Gerede dagegen nicht. Außer geklopften gibt es indessen durchaus auch weise Sprüche, salomonische sozusagen.

Als zum Beispiel einmal zwei angebliche Mütter desselben Kindes um dieses stritten, tat Salomon den Urteilsspruch: So möge denn das Kind geteilt und jeder von euch beiden zur Hälfte gegeben werden. Nur die falsche Mutter wollte das Angebot annehmen ... Bis heute wird ein Gerichtsurteil auch Spruch genannt. (Bibel: 1 Könige 3,16-28)

Das Verb "urteilen" geht freilich nicht auf den urtümlichen Teilungsvorschlag Salomons zurück, sondern ist bloß eine andere Schreibung von "erteilen".

Die Urteile, von denen die Logik handelt, werden auch Aussagen genannt, obwohl der Begriff der Urteilskraft auch auf diesem Gebiet etwas durchaus Anspruchsvolles bezeichnet, mit Kant gesagt "das Vermögen, das Besondere unter das Allgemeine zu subsumieren" (Eisler: Kant Lexikon). Im Zuge des Spracherwerbs bilden allerdings bereits Kleinkinder zügig ihr Urteilsvermögen aus, und aussagekräftige Sätze bekommt man von ihnen schon vor ihrem Schuleintritt reichlich zu hören.

Andererseits bewahrt das Erwachsenenalter viele nicht davor, dass ihr Urteilsvermögen degeneriert, auch schon etliche Jahrzehnte vor der klinisch diagnostizierbaren Demenz – eine geradezu sagenhafte Frühvergreisung. Mit der Sage, die weder so recht aus wahren noch so recht aus falschen Aussagen besteht, beginnt ein kommender "von ... bis"-Artikel.