Frei wie Hegel

Wahrscheinlich ist an allem, was Frauen von Männern halten, etwas dran. Umgekehrt ebenfalls. So menscheln wir uns zusammen. Das Wahre ist immer erst das Ganze.

Ziele im Leben

Was ich noch für Ziele im Leben habe? Ich bin am Ziel und bleibe dabei: mir Gedanken zu machen und je nach Erfahrung immer wieder umzudenken – Tag für Tag, solange ich zu denken vermag.

Wort bis Sage

Das Wort "Wort" ist das treffendste deutsche Wort für die ideelle Entität Wort, also für den Wortbegriff. Wortwörtlicher kann in diesem Fall die Benennung nicht sein.

Ein nicht ganz so zutreffendes Wort für den Wortbegriff ist das Wort "Benennung". Es hebt zwar die gewiss nicht nebensächliche Benennungsfunktion des Wortes hervor, tut aber damit so, als wäre das die einzige. Eine Entität, sprich ein irgendwie Seiendes, benennen heißt, ihr einen Namen geben.

Ist jedes Wort ein Name? In gewisser Hinsicht ja. Zum Beispiel ist das Wort "bis" der Name für eine Sorte von Verhältnissen, nämlich für die "(von)-bis (zu)"-Verhältnisse; es gehört zu den Präpositionen, und die werden ja auch "Verhältniswörter" genannt. Indessen ist es gebräuchlicher, nur von einem Substantiv, also einem Substanzwort, zu sagen, dass es ein Namenswort (lateinisch: Nomen) sei. Sowohl fach- als auch umgangssprachlich wird bei Namen sogar hauptsächlich an Eigennamen, also an Benennungen von etwas Individuellem gedacht. So ist "Erde" der Eigenname unseres Planeten und nur außerdem auch noch ein Namenswort für ein etwa zum Ackerbau geeignetes Stoffgemisch. Noch (str)enger genommen, sind lediglich Personen und andere personifizierte Wesen Namensträger. Als Hauptzweck des Namens wird dabei die Adressierbarkeit des bezeichneten Individuums verstanden. Deshalb erhalten Haustiere oder auch Spielzeugpuppen Rufnamen, Menschen Vor- und Familiennamen und andere "juristische Personen" Vereins-, Firmennamen etc. 

Eine Anrede, in der nicht der Name der angeredeten Person vorkommt, kann höchstens ein Notbehelf sein und ist nicht selten eine Respektlosigkeit – nicht erst dann, wenn despektierliche Spitznamen verwendet werden. Überhaupt angeredet werden will nicht jeder jederzeit von jedem. Ebenso traut sich nicht jeder jederzeit, jeden anzureden. 

Die Anrede ist schon eine besondere Rede, eine besonders kurze auf alle Fälle. Sie soll ja auch bloß ein Rede-Anfang oder -Anstoß sein; immerhin mehr als eine bloße Grußformel. "Was sagen Sie, nachdem Sie 'Guten Tag' gesagt haben?" (Eric Berne) ist demzufolge schon eine Frage anderen Kalibers, die das "Miteinander reden" (Friedemann Schulz von Thun) angeht, sofern es keinen Einzelvortrag, keine wortreiche Rede zu halten gilt, die dann eben keine An-Rede, sehr wohl aber eine An-Sprache ist.

Angeredet wird in einer Rede eine Zuhörerschaft, angesprochen vieles, was zum Thema der Ansprache gehört.

Das Thema wird so zur Sprache gebracht.

Gelingt das gut, dann ist die Rede ein sprachliches Highlight. Anderenfalls kann die Ansprache in einem bloßen Sprücheklopfen bestehen, worauf sich zum Beispiel Wahlkampfredner berechnend beschränken, wenn sie nicht sowieso dem Gespräch abhold sind, dem Gerede dagegen nicht. Außer geklopften gibt es indessen durchaus auch weise Sprüche, salomonische sozusagen.

Als zum Beispiel einmal zwei angebliche Mütter desselben Kindes um dieses stritten, tat Salomon den Urteilsspruch: So möge denn das Kind geteilt und jeder von euch beiden zur Hälfte gegeben werden. Nur die falsche Mutter wollte das Angebot annehmen ... Bis heute wird ein Gerichtsurteil auch Spruch genannt. (Bibel: 1 Könige 3,16-28)

Das Verb "urteilen" geht freilich nicht auf den urtümlichen Teilungsvorschlag Salomons zurück, sondern ist bloß eine andere Schreibung von "erteilen".

Die Urteile, von denen die Logik handelt, werden auch Aussagen genannt, obwohl der Begriff der Urteilskraft auch auf diesem Gebiet etwas durchaus Anspruchsvolles bezeichnet, mit Kant gesagt "das Vermögen, das Besondere unter das Allgemeine zu subsumieren" (Eisler: Kant Lexikon). Im Zuge des Spracherwerbs bilden allerdings bereits Kleinkinder zügig ihr Urteilsvermögen aus, und aussagekräftige Sätze bekommt man von ihnen schon vor ihrem Schuleintritt reichlich zu hören.

Andererseits bewahrt das Erwachsenenalter viele nicht davor, dass ihr Urteilsvermögen degeneriert, auch schon etliche Jahrzehnte vor der klinisch diagnostizierbaren Demenz – eine geradezu sagenhafte Frühvergreisung. Mit der Sage, die weder so recht aus wahren noch so recht aus falschen Aussagen besteht, beginnt ein kommender "von ... bis"-Artikel. 

Unser prekärer Gedankenreichtum

Immer mehr von dem, was außerhalb des Denkens geschieht, können Menschen sich auch denken, nachdem die Schöpferischen unter ihnen es herausbekommen haben, seien es die hypothetisch Forschenden, seien es die künstlerisch Formenden. Natürlich ist damit nur ein geringer Teil der Gedanken umfasst, die Menschen den lieben langen Tag sich machen können; denn die Defizite an Forscher- und Künstlerkraft öffnen die Schleusen für entsprechende Unmengen an geistigem Tand.

Von "amerikanischen" Verhältnissen

Der US-Rassismus – jüngst entsetzliche neun Videominuten lang an seinem Opfer George Floyd praktiziert – hat viel von einem Klassenkampf von unten gegen noch weiter unten. Wem das Leben strukturell schwer gemacht ist, sucht und findet meist Bevölkerungsteile in noch heiklerer Lage, an denen er seinen Frust abreagieren kann. Politisch für ihr "Volk" Verantwortlichen kann das ebenfalls nicht selten Recht sein.

Deuten und messen

Wissenschaft interpretiert die Realität und testet jede Interpretation aus. Ihre weitaus meisten Interpretationen lässt sie auf diese Weise fallen. Ähnlich probierfreudig und sorgfältig erwägend gehen Meister jeder Kunst zu Werke. Diese Vorgehensweise bewährt sich mehr als jede andere. Aber meine damit erfolgte Hochinterpretation der Wissenschaft soll gern noch so manchen Härtetest zu bestehen haben.

Ein launiger Lobspruch

(Nicht nur) Merz nach Merkel wäre ein Kopf kürzer.

Der begabte Mensch

Zu den Erbanlagen der Spezies Mensch gehören spezifische Begabungen. In der Philosophie hat es eine lange Tradition, dem Menschen vor allem Vernunftbegabtheit (Rationabilität) zuzuschreiben. Bewährt haben dürfte sich diese Hypothese nur sehr bedingt; denn die Unvernunft macht sich in der Menschheitsgeschichte bis heute und womöglich bis zuletzt überaus breit. Allerdings können nur Vernunftwesen unvernünftig sein, und wo sie unvernünftig sind, fehlt ihnen vielleicht bloß die hinlängliche Begabtenförderung. Dieser Vermutung entsprechend, ist bei Platon (im Dialog "Menon") von der "Lehrbarkeit der Tugend" – Tugend im Sinne praktischer Vernunft – die Rede. Vorausgesetzt wird dabei, dass das einen Menschen Lehrbare ihm nicht von anderen beigebracht zu werden braucht, sondern in ihm schon bereitliegt. Die Lehrtätigkeit bzw. Begabtenförderung besteht somit lediglich darin, seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen – wenn das überhaupt noch nötig ist und man es nicht mit einem 'hoch Begabten' zu tun hat, dem günstige Bedingungen bereits im Vorfeld jeglicher Schulpflicht den 'Draht zu seiner Seele' gelegt haben. Übrigens kann als Bedingung der Möglichkeit einer Schulpflicht die Maxime 'Vernunftbegabtheit verpflichtet' in Betracht gezogen werden, dem sich Jean-Paul Sartres durchaus sinnverwandte Formel "Der Mensch ist zur Freiheit verurteilt" (aus dem Essay "Ist der Existentialismus ein Humanismus?") beigesellen lässt. Diskutabel sind – wie anfangs mit dem Stichwort "Erbanlagen" angedeutet – in diesem Zusammenhang schließlich Mutmaßungen der evolutionären Erkenntnistheorie (etwa Konrad Lorenz: "Die Rückseite des Spiegels") und Ethik (etwa die Textsammlung "Evolution und Ethik" bei Reclam), wonach sich metaphysische Begründungen des Menschseins naturgeschichtlich 'entzaubern' lassen, ohne dass dadurch 'Begabungen' wie Pflicht, Freiheit, Vernunft und Verantwortung wegerklärt werden. Nur gar zu hohe 'Weihen' dafür – wie zum Beispiel auch die Titulierung "Wunderkinder" – kann man sich aus dieser naturalistischen Sicht sparen; sie seien einem überholten Lernstadium von uns irdisch begrenzt 'Hochbegabten' geschuldet.

Auf einem Kärtchen

Nicht Kind, nicht Frau
Nicht schwarz, nicht schwul
Nicht jüdisch anzusehn
Kann ungeleitet nach Hause gehn

Ideen auf Goldwaagen

Die philosophischen Ideen und Lehren aller Zeiten können allesamt als wissenschaftliche Vermutungen oder Theorien ernstgenommen werden – das ist mit dem erkenntnistheoretischen "Mach, was du willst!" (Feyerabend: Wider den Methodenzwang) gemeint. Philosopheme derart zu respektieren, heißt nun, sie auf die Goldwaage zu legen, sie sehr genau zu (er-)wägen, sie in ausgefeilten Testverfahren durchzuspielen, sie also möglichst 'sophisticated' auszuprobieren. Selbstverständlich verfügt heute die Wissenschaft auch über Methoden der Untersuchung und Überprüfung von Handlungsvorschlägen aller Art, um auch auf diesem 'Gebiet der Freiheit' aufzeigen zu können, wie es um die Erfolgsaussichten eines bestimmten 'Gebrauchs der Freiheit' steht, sei es eines eigenwilligen Lebenskonzepts, sei es einer verlockenden Weltverbesserungsstrategie. Nicht einmal die "härtesten" Naturwissenschaften versteifen sich heute noch auf rein deterministische Modelle. Von irgendeinem 'Reich der Notwendigkeit' kann nirgendwo mehr ernsthaft die Rede sein; selbst in der Mathematik (Stichwort Chaosforschung) befindet sich dieses 'Imperium' im Niedergang. So mündet der ehrenwerte Strom philosophischer Gedanken aus aller Welt in den Ozean wissenschaftlicher Erkenntnisfortschritte fürwahr verlustfrei, auch wenn das viele Weisheits-Traditionalisten nicht wahrhaben wollen.

Von hilfreichem Raten

Die empirische Forschung begnügt sich nicht mit positivistischen Datensammlungen, sondern widmet sich mit all ihren Mitteln, besonders ihren kreativen Köpfen, jeder Problemlösung, an der Menschen gelegen ist. Überaus detailliert kann das die breite Öffentlichkeit 2020 bei der Lösung des Coronaproblems mitverfolgen, sowohl in Bezug auf die allzu menschlichen Unvollkommenheiten der Krisenbewältigung als auch hinsichtlich dessen, was fortgeschrittene Forschung zu erkennen und Hilfreiches zu raten vermag. An der wissenschaftlichen Intelligenz liegt es am wenigsten, wenn die Lösung anderer großer und größerer Probleme unnötig verschleppt wird, statt zügig voranzukommen.

Bin im Urlaub

Mein Leben ist Urlaub, so oft es mir gefällt und solange es das immer wieder tut, egal wo.

Verwirklichung der Philosophie

Kulturhistorisch hat gewiss nicht nur die europäische Geistesgeschichte viel zu bieten, wenn Einflüsse auf die aktuelle Verfassung der Philosophie bzw. Wissenschaft gesucht werden. Das ändert nichts daran, dass heute der Stand der geistigen Dinge an der Diskussion aktueller wissenschaftlicher Theorien abzulesen ist, so viel Traditionelles dabei auch Spuren hinterlassen mag. Dieser Aspekt geht dann eben vor allem die Geschichtswissenschaften etwas an, die ihre eigenen Hypothesen bilden und prüfen.

Übrigens nehmen auch biologische "Traditionen" auf unsere gegenwärtige geistige Lage deutlichen Einfluss, was zu erforschen wiederum Sache der evolutionären Naturgeschichtsschreibung ist. Hoimar von Ditfurths Buch "Der Geist fiel nicht vom Himmel. Die Evolution unseres Bewusstseins" (1976) verdanke ich diesbezüglich erste Aufschlüsse, die seit der "Dekade des Gehirns" (1990-2000) interdisziplinär eingehender diskutiert werden.

So könn(t)en sich nicht nur manche Völkerschaften, sondern auch manche Einzelwissenschaften rühmen, zu einer "Weltphilosophie" mehr als nur am Rande beigetragen zu haben. Derartige Erbrechtsansprüche sind aber mit Sicherheit bloße Randerscheinungen, ja, Ablenkungen von der umfassend transformierten und konkretisierten Philosophie, seit sie sich unentwegt als empirische Forschung verwirklicht.

Wissensdurst und Diskussionsfreudigkeit

Philosophische Diskussionen verdanken sich heute überall in der Welt dem (dia-)logischen Ansatz der altgriechischen Mathematiker, Naturforscher und Ethiker von Thales bis Epikur (um mit diesen beiden Namen die Zeitspanne vom 6. bis 3. vorchristlichen Jahrhundert zu markieren). Deren Denkansätze wurden im alten Orient vorbereitet, wenn nicht sogar von dort eingeführt. Sie sind nicht nur deshalb keine bloß "westlichen" Ansätze, sondern die einer Weltkultur, die wir mittlerweile in ihrem ganzen und gewiss durchaus fragwürdigen, d.h. selbstkritisch zu erwägenden Ausmaß beobachten können und persönlich mehr oder weniger inspiriert verkörpern.

Daneben gibt es vom Altertum herrührende spirituelle Geistestraditionen aus allen Erdteilen, in Europa vor allem die christliche. Dieser "verdankt" die durch Wissensdurst und Diskussionsfreudigkeit geprägte Philosophie eine rund tausendjährige Unterdrückung, bis zur Renaissance und zum Humanismus um 1500 nach Christus. Seither gehen philosophischer Forschergeist und glaubensgewisse Spiritualität (wieder) eigenständige Wege – eine Umstellung, die von Reformatoren als "doppelte Wahrheit" in Kauf genommen wurde. Dieses Widersinns ungeachtet, begann sich Philosophie zu den modernen Wissenschaften auszudifferenzieren. Nach und nach ist alles, worüber man nachdenken kann, zum Objekt empirischer Forschung geworden; auch die Geschichte der außereuropäischen Kulturen mitsamt ihren spirituellen Traditionen. Kein "Baum der Erkenntnis" erweist sich als so ertragreich wie die hypothetisch und experimentell zu voller Entfaltung gelangte, wissensdurstige und diskussionsfreudige Philosophie.

Feinde sorgsamen Forschens

Wer besserwisserisch Schuldige sucht und findet, etwa nach dem Muster von Verschwörungstheorien, stiftet Gewaltbereitschaft. Besserwissern fehlt die Selbstkritik, die Wissenschaftler auszeichnet, und schließen diese Bildungslücke mit einem Feindbild, das bei ihren radikalisierten Anhängern das Versenden von Drohbotschaften und Schlimmeres zur Folge hat.

Plädoyer gegen Überzeugungen

Es gibt keine Lehrer, keine von einem besseren Wissen her Lehrende, sondern überall nur Lernende, überall im Bildungswesen nur Lernwesen, wie überhaupt alle Lebewesen Lernwesen sind, die (ver-)suchen und irren, immerzu weiter (ver-)suchen und weiter irren – und dabei sehr oft (wenn auch nicht meist) sehr erfolgreich sind. Das Weltwesen lässt sich sozusagen immer höchstens nur ein Stück weit erschließen.

Dogmatiker – wörtlich: Lehr-Meiner – aller Couleur meinen einen Schlüssel zu besitzen für das Wesen der Welt; in diesem Sinn meinen sie ausgelernt zu haben, keine Lernwesen mehr zu sein. Ihr Schlüssel verschließt sie gegen jedes bemerkenswerte Dazulernen, das immer eine zumindest kleine Überraschung bedeutet. Gegen solche Überraschungen sind sie immunisiert. Vielmehr sind sie einer festen Überzeugung, und ihr vermeintliches Lehren ist nichts als Überzeugungsarbeit. Dieses (nach Walter Benjamin: Einbahnstraße [Für Männer]) "unfruchtbare" Treiben hat leider 'Schule gemacht', spätestens seit dem Mittelalter, auf durchaus vergleichbare Weise schon immer, seit es Leben gibt; denn die Evolution ist voller Unfruchtbarkeiten, voll von derart gewaltigen Irrtümern, dass Lebensformen im Keim ersticken. Die wenigsten Lebensansätze überdauern das Alter des Setzlings. Trotzdem überdauert eine ungeheure Fülle von (Spiel-)Arten; die Natur kann es sich offenbar leisten, überaus verschwenderisch zu sein.

Für mich liegen nicht nur in diesem großen Zusammenhang 'Schulen ohne Lehrer' nahe. Warum nennt man die in der Schule Lernenden nicht einfach "Lerner", sondern "Schüler"? Konsequent wäre dann doch, auch die in der Schule Lehrenden "Schüler" zu nennen; denn sowohl die Lernenden als auch die Lehrenden – ebenso wie das übrige Personal – arbeiten in dieser "Schule" genannten Einrichtung, und deshalb sind sie jedenfalls und unleugbar eben 'Schüler'. Butter bei die Fische!  

Vor dem Ende

Manche mögen ohne den Glauben, dass das böse Ende abzuwenden sei, noch ihr "Apfelbäumchen pflanzen" (angeblich Martin Luther), wofür auch immer diese Metapher im jeweiligen Fall stehen mag. Ein solches Verhalten können Menschen ebenso am allgemeinen Abgrund an den Tag legen wie in Anbetracht des sicheren individuellen Todes. Nietzsches Schicksalsliebe – "amor fati" (Die fröhliche Wissenschaft, Nr. 276) – zielt auf dieselbe Aufwertung des sonst meist abschätzig betrachteten oder betrüblich gelebten Fatalismus.

Welchen Anfängen wehren?

Viele moderne Lebensbedingungen erhöhen die Lebenserwartung der Menschen. Manche Leute verbreiten die Ansicht, dass etwa die Schulmedizin keine solche Bedingung ist, sondern vielmehr ein übler Ausreißer, der zu dem genannten Erfolg nichts beigetragen hätte, ihm sogar eher abträglich gewesen wäre. Es handelt sich um Ideologen, die ein Feindbild pflegen, für die eine solche Propaganda charakteristisch ist. Zu denen und ihrem "unabhängigen Wissen" sollte man null Vertrauen haben.

Mit der Fehleranfälligkeit jeder modernen Wissenschaft rechnet am intensivsten die jeweilige Wissenschaft selber, und sie zieht daraus stets die Konsequenz, die Fehler auszuräumen und weiter zu verfolgen, was sich bewährt. Ein 'absolutes Wissen' wird so nicht erreicht, anders aber ebenfalls nicht.

Wir kommen nicht darum herum, in einer "Risikogesellschaft" (Ulrich Beck) zu leben. Wer glaubt und anderen weismachen will, nur ganz bestimmte 'Zielgruppen' wären eine Gefahr für das Wohl der Allgemeinheit, hat bestimmt kein besseres Wissen, versteht sich bestimmt aber bestens aufs Verdächtigen und Mobben. Gerade auf diese Weise pflegen die wirklich dunklen Zeiten der Geschichte zu beginnen und tun das leider bis heute in nicht wenigen Teilen der Welt. Zum Glück noch nicht (wieder) beispielsweise in Deutschland. Was in diesem Staat alles Ungemach bereitet, und das ist durchaus nicht wenig, kann mit politischem Engagement angegangen werden – aber bitte bloß nicht mit dem zuvor gekennzeichneten Ungeist!

mea maxima culpa

Der nicht überwundene Kinder-Irrglaube, ein Sünder zu sein, bremste meine Jugend aus. So verfiel ich der Philosophie und dem Lesen (vor allem Sammeln) von Büchern.

Transzendieren ohne Transzendenz

Für Christen gibt es über der natürlichen Welt das himmlische Reich (HEAVEN) Gottes, für Platoniker hinter dem Schleier der nur scheinbaren Sinnenwelt den Ideenhimmel (SKY of Ideas). Das ist, als hätte man in alten Zeiten naive Vorahnungen von dem gehabt, was die kosmische Evolution des Sternenhimmels (SPACE)  an Ergebnissen mit sich bringen und auch schon gebracht haben dürfte: Entwicklungsstufen der Intelligenz, die weit über unsere irdische geistige Lage hinausragen. Keine jenseitsorientierte Metaphysik mehr, sondern die naturalistisch verfahrende empirische Wissenschaft legt diesen transzendierenden Gedanken nahe, der mit einem atheistischen Weltbild ohne Weiteres vereinbar ist. Ein solches modernes Weltbild hat anders als die älteren nur Modellcharakter und wird fortwährend umgemodelt, sobald sich in der Forschung etwas Neues tut.

Vielleicht muss man bei den himmlischen Perspektiven berücksichtigen, dass es auch überzeitliche Reiche sind. Dann wären die menschlichen Vorstellungen der (zeitlich) ersten und der der letzten Dinge bloß zweierlei Phantasien über dasselbe. Das Alles-in-allem mag lediglich unserem notdürftigen Ermessen wie ein Nach-(und Neben-)einander vorkommen. Das sage ich nicht auf Grund irgendeiner "mystischen Schau", sondern auf dem der bahnbrechenden Relativitätstheorien des Physikers Albert Einstein.

Ich deute hier den religiös-metaphysischen Transzendenzbegriff um bzw. reduziere ihn auf diejenigen Mutationen, die in der Evolution komplexere erfolgreiche Arten darstellen. Der marxistische Philosoph Ernst Bloch hat den Begriff gesellschaftsgeschichtlich verwertet, wobei er – in seiner Schrift "Atheismus im Christentum" – auch den Ausdruck Transzendieren ohne Transzendenz prägte. Individualgeschichtlich, also biographisch, könnte man das ebenfalls tun. Doch sind das Aspekte, die ebenso wie die biologische Evolution in der physikalisch-kosmischen aufgehen. 

Kunst und Philosophie

Die Beziehung zwischen Kunst und Philosophie ähnelt etwa der Beziehung zwischen Praxis und Theorie oder auch der Beziehung zwischen Arbeit und Muße. Bei jeder dieser Beziehungen handelt es sich um einen vielleicht nur scheinbaren Gegensatz. Arbeit ohne Muße kann ich mir als eine elende Schufterei vorstellen, Muße ohne Arbeit nur als Verwesung. Jede Praxis ist theoriegetränkt, jede Theorie Nachweis einer geistigen Praxis.

Kunst kommt von Können und Können von Kennen. Künstler vermögen zu erkennen, was anderen nicht weiter auffällt oder völlig entgeht, und zeigen sich daraufhin sozusagen erkenntlich, in Bildern oder Bauten, Tönen oder Worten.

Philosophie war bei den Alten ein Inbegriff der "freien Künste (artes liberales)", wonach auch ihr Wesen im Erkennen besteht, wie das jeder Wissenschaft. Wissenschaftler und Philosophen sind eine Sorte von Künstlern, die zwar im Vollsinn keine eigenen Werke zustande bringen, doch arbeitsteilig dazu beitragen, dass sich die Natur dem Menschen in all ihren Facetten als das archetypische Kunstwerk offenbart.

Gegen engstirnige Glaubenssysteme

Wir wissen mehr und mehr um das Ausmaß unserer Unwissenheit – das ist für unsere Spezies besonders kennzeichnend. Wir nehmen zum Beispiel Licht wahr und wissen dabei, dass wir nur für einen sehr geringen Teil des elektromagnetischen Spektrums Sinnesorgane haben. Es kommt uns sogar trotz besseren Wissens ums Nichtwissen – Sokrates lässt grüßen! – immer noch so vor, als ginge die Sonne auf und unter.

Aber deswegen müssen wir noch nicht zu den Dummköpfen oder den dummdreisten Verschwörungstheoretikern gehören, die sich von diesem besseren Wissen nicht abhalten lassen, ihre subjektiven Eindrücke oder auch Wahnvorstellungen für die objektive Realität zu halten und derart auf einen Glauben an "alternative Fakten" zu verfallen, von denen abzuweichen ihnen als "Lügenpropaganda" erscheint. So bleibt unser Planet flach wie ihre Köpfe. Ein Wahrheitsgehalt ist in jedem solchen Wahn ja tatsächlich enthalten: Vieles kann einem anders vorkommen, als es mit wissenschaftlichen Mitteln – in diesem Sinne objektiv – erforschbar ist; jede Perspektive hat einen (freilich korrigierbaren) Realitätsbezug. Das gilt im Übrigen auch für religiöse Phantasiegebäude, die psychologisch ergiebig bleiben können, indessen als Glaubenssysteme in denselben Sack gesteckt gehören: in den für leichtfertige Welterklärungen, verbunden mit bornierten Überzeugungen.

Trost für Irrende

Wir wissen nicht, wir irren. Nicht Wissen, Irren ist menschlich. Des Irrens bewusst, versuchen Menschen sich so engagiert wie in keiner anderen Lebenslage zu orientierten und sammeln sie die wertvollsten Erfahrungen. Eindrucksvoll demonstrieren dies die empirischen Wissenschaften.

Gegnerschaft ohne Antiwerbung

Eine möglichst durchdachte und themen- statt personenzentrierte kritische Auseinandersetzung mit einem unerfreulichen Treiben wird kaum als Anti-Werbung wirken und bei gegnerischen Sensationshaschern entsprechend wenig anschlagen. Freilich ist so auch der Werbe-Effekt in eigener Sache gering; denn die "Arbeit des Begriffs" (Hegel, Phänomenologie des Geistes, Vorrede) pflegt keine sonderliche Popularität zu genießen.

Grundlagenforschung als Philosophie

Das Streben nach Erkenntnis ist nicht nur um technischer oder sonstiger praktischer Nutzeffekte willen für einen Menschen kennzeichnend. Ich halte einen Wissenschaftler im besten Sinne dieses Wortes für einen Grundlagenforscher: für einen "Philosophierenden mit anderen Mitteln" (Hoimar von Ditfurth); für einen, der bemerkt, dass unser Wissen begrenzt ist, und zugleich bemerkt, dass die Horizonte des begrenzten Wissens erweiterbar sind. Im Grunde ist es das, was ihn forschen, also Wissenschaft treiben lässt. Natürlich docken praktischer gesonnene Menschen hier an und spannen Wissenschaftler sogar für 'handfeste' Anwendungen der Forschungsergebnisse ein, indem sie vor allem als Geschäftemacher und politische Machthaber viel mehr Geld in Projekte mit entsprechendem 'Potential' stecken denn in wissenschaftliche Betätigungsfelder, die den Investoren nicht so 'systemrelevant' erscheinen.

Im Kapitalismus unterliegt der soeben von mir skizzierte Eigen-Sinn der Wissenschaft wie jedes andere menschliche Lebensbedürfnis der Selbstentfremdung. Jedes Mitglied der Gesellschaft kann sich dabei ertappen, nützlich für das Kapital sein zu wollen, weil das unter den gegebenen Verhältnissen gleichbedeutend mit dem Lebenswillen und allzu oft mit dem bloßen Überlebenswillen ist.

Was mich angeht, habe ich in meinem Berufsleben zumindest nie Karriere-Ambitionen gehabt, die mich im Fall einer Familiengründung gewiss weniger kalt gelassen hätten. Doch so konnte ich als Single eine ruhigere 'professionelle' Kugel schieben und meine jobfreie Zeit an 'materiellen Notwendigkeiten' vorbei weitgehend kontemplativ gestalten, ungefähr à la Schopenhauer: "Das Leben ist eine missliche Sache; ich habe mir vorgesetzt, es damit hinzubringen, über dasselbe nachzudenken." Wobei mir nicht nur das "Missliche" in den Sinn kam und kommt, sondern die breite Palette des Erforsch- und großenteils Bewunderbaren in Welt und Menschheit; so dass bei mir ein solch eigensinniger Hedonismus angetan ist, den Pessimismus des soeben zitierten Denkers wohltuend oft auszuweichen. Außerdem hat es sich zu fast keiner Zeit ergeben, in einem politischen Aktivismus aufzugehen – und ich mache mir kein Gewissen daraus.

Es gibt Übermenschliches

Die Menschheit ist zweifellos eine Spezies, die im Laufe der biologischen Evolution getoppt werden kann, ähnlich wie Einzeller, Fische, Vögel und Schimpansen getoppt worden sind. Nietzsches "Übermenschen" sehe ich jedoch – weit entfernt übrigens von Nazi-Rassismus, -Eugenik und -Euthanasie – als individuelle Ausnahmeerscheinungen, die das menschliche Potential besonders weit ausschöpfen und von ihren eher durchschnittlichen Artgenossen etwa als "Gottmenschen" hochinterpretiert werden können, ohne dass auch hier die Speziesschranke durchbrochen wäre. Der technophile Transhumanismus ist ein zeitgemäßer, aber wohl ebenfalls unzulänglicher, allzumenschlicher Standpunkt im Hinblick auf einen Artensprung. Wie bereits angedeutet, neige ich eher zu einem physiophilen Transhumanismus, der davon ausgeht, dass sich höchstwahrscheinlich und längst schon im Universum Intelligenzen entwickelt haben, die mit dem irdischen Homo sapiens ähnlich vergleichbar sind wie dieser mit dem Weberknecht, um irgendein hübsch bezeichnetes und durchaus nicht schlecht begabtes Tierchen herauszugreifen. Nur wird sich jenes Verhältnis selbst von der intelligenteren Seite aus schwerlich belegen lassen – die Abstände sind in jeder Hinsicht zu groß. Dass wir uns überhaupt derart desillusionieren und vom Anthropozentrismus abkehren können, scheint mir vollauf genügend Grund zu berechtigtem Selbstlob zu sein. Entscheidend mehr ist für unsereins nicht drin. Aus dem so umrissenen "Menschenlos" das Beste zu machen, bleibt uns auf vielerlei Weise immerhin übrig.

Wahrheit von Geschichten

Geschichten erzählen kann man viele, und innerhalb einer Geschichte sogar glaubhaft, es sei eine wahre Geschichte.

Scheidung politischer Geister

Politisch "rechts" kann sowohl gemäßigt nationalistisch als auch menschenverachtend nationalistisch bedeuten, je nachdem, ob das politische Spektrum enger oder weiter gefasst wird. Menschenverachtend können übrigens auch Sozialismus, Liberalismus, Ökologismus, Christianismus und andere politisch in Szene tretende Überzeugungen sein. So ergibt sich statt einer bloßen "rechts/links"-Polarität eine überhitzte Korona von extremistischen Bestrebungen, deren gemäßigte Spielarten im Inneren dieses Ringes zivilisiert miteinander 'Realpolitik' betreiben. Wie dem Gesagten leicht zu entnehmen, verfestigt sich dabei zugleich eine andere und ernster zu nehmende Polarisierung: die zwischen gemäßigt und extremistisch bzw. zivilisiert und menschenverachtend.

Werden statt Sein

Indem immer etwas dazwischenkommt, erstarrt nichts im Sein, sondern geht jedes Werden weiter.

Dazwischenkommendes kann außer einem Hemmnis vielerlei sein, was einem, der sich etwas schwer auf seinem Werdegang tut, überraschend auf die Sprünge hilft.

Das auch als Fließen von allem (nach Heraklit) aufzufassende Werden muss nicht auf eine Quelle oder Mündung bezogen und auch nicht auf einen Kreislauf eingeengt sein.

Irren ist schöpferisch

Seit Menschen nach Erkenntnis streben, gehen sie fehl in der Annahme zuhauf, unterliegen sie Irrtümern noch und noch. Immerhin bleibt es nicht aus, dass sie ihre Irrtümer – manchmal früher, manchmal später – bemerken, und ihnen auffällt, dass vorher für verrückt erklärte Ideen gar nicht so abwegig sind wie geglaubt. Ganz ähnlich, um nicht zu sagen: für dieses menschliche Versuch-und-Irrtum-Verfahren mustergültig, schreibt die ganze Natur ihre Geschichte. Bereits deren Anfängen, seien es die kosmischen, seien es die lebensweltlichen, wohnt massenhaft falscher Zauber inne, der jedoch nie einen langen Atem hat, weil dem wenigen Passgenaueren, das er zufällig und sozusagen stiefmütterlich mit sich bringt, am jeweiligen Ende zum Durchbruch verholfen wird – bis dieses zeitweise wie angegossen Feststehende selber unter veränderten Umständen etwas zuvor Unterdrücktem den Weg frei räumen muss. So geht Evolution, so geht wissenschaftliche Revolution, so geht überhaupt Kreativität: "Wir irren uns empor." (Odo Marquard 1983 im Berliner Vortrag "Entlastungen")

Frei oder unfrei

Es kann einem vorkommen, frei zu sein, und zwar unter allen Umständen (Existentialismus). Und es kann einem vorkommen, unfrei zu sein, und zwar unter allen Umständen (Naturalismus). Sei's drum.

Welcher Wille existiert?

Arthur Schopenhauer thematisierte zwar – als Begründung seiner pessimistischen Philosophie – einen blind destruktiven Welt-Willen, der aber im Gegensatz zum Willen von Personen das 'unfreiwillige' Naturgeschehen symbolisieren soll. Wir könnten diese Zuschreibung auch ernster nehmen und sogar das Menschsein in die besagte 'Unfreiwilligkeit' voll einbeziehen, so dass Wille nirgends und nie etwas mit Freiheit zu tun hat, allenfalls mit Zufall. Die Evolutionsforschung testet auf allen Ebenen und Gebieten diese Option, die sich dabei wie kaum eine sonstige wissenschaftliche Mutmaßung bewährt.

Sinn des Lebens

In jedem bewussten Moment antwortet ein Mensch durch den lebenspraktischen Schritt, den er gerade (in aller Regel unausgesprochen) tut, auf die Sinnfrage: 'Jetzt hat das Sinn für mich ... und jetzt das ... und jetzt das ...' Wir sind – frei nach Jean-Paul Sartre – zum Sinnverstehen und Sinnverwirklichen verdammt.

Es gibt nicht die eine Frage nach dem Sinn. Es gibt die Reihe der Fragen danach, in der sich alles entscheidet, im Kleinen wie im Großen.

Vernunftgebrauch und Sinnverstehen bzw. -verwirklichung meinen weitestgehend dasselbe, und beides verteilt sich eben sowohl auf die vielen (sogenannten) Belanglosigkeiten unseres Lebens als auch auf die vielen (vielleicht) bedeutendsten Weichenstellungen.

Über die Bürger

Bürger gehören zu einer Bürgerschaft, auch Staat genannt. Die Bürger gibt es nur abstrakt, konkret gibt es solche und solche. Diejenigen, die es im bürgerlichen Leben weiter gebracht haben, sind quasi wie von selbst in die politischen Entscheidungsprozesse stärker einbezogen als diejenigen, deren 'Bürgerlichkeit' minderbemittelt bleibt und 'sozialpolitisch' entsprechend abfertigbar ist. Auf die Erhaltung des 'sozialen Friedens' wird dabei tunlichst Wert gelegt. Von Staat zu Staat kann die Leichtigkeit variieren, mit der die Eliten diese 'bürgerliche Ordnung' managen oder auch bloß managen lassen.

Zweierlei unnötiger Schöpfungsglaube

Man kann so tun, als wäre die Realität eine Schöpfung, sei es eines Gottes, sei es eines Bewusstseins. Man kann dieses So-tun-als-ob auch lassen. Dann bleibt eine Realität übrig, die noch unabsehbar lange erforscht werden und uns bewussten Wesen so noch jede Menge Flausen aus dem Kopf schlagen kann.

Vernachlässigte Naturgabe Vernunft

Vernunft ist die natürliche Begabung des Menschen. Vernünftiger zum Beispiel als einem minderbemittelten Kunden ein Produkt unzulänglicher Qualität zu verkaufen, ist es offenbar, ihn trotz des kleinen Geldbeutels mit hinlänglicher Qualität zu versorgen. Natürlich darf das nicht zum Schaden des Produzenten sein. Man kann hier, unter den gegebenen marktwirtschaftlichen Umständen, von einer Zwickmühle sprechen. Eine vernünftige Auflösung dieses Dilemmas wäre zum Beispiel das bedingungslose Grundeinkommen für alle, das sämtliche Kosten deckt, die für den gemeinschaftlich ermittelten Grundbedarf jedes Menschen anfallen. Die derzeitige Lage der Bedarfsdeckung zeugt mutmaßlich von großer Unvernunft. Es wird zwar insgesamt mehr produziert als zur Deckung des Gesamtbedarfs der Menschheit erforderlich, aber mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ist minderbemittelt. Hinzu kommt, dass die Überproduktion eine Verschwendung der Rohstoffe und gleichzeitig eine Überstrapazierung menschlicher Arbeitskraft mit sich bringt, statt dass langlebige Qualitätsprodukte aller benötigten Art hergestellt und gleichmäßig wie Reklame an alle Haushaltungen verteilt werden, und die viele unnötige Mehrarbeit zugunsten freierer kreativer Betätigung wegfällt – was doch gewiss vernünftiger erscheint. So viel und bestimmt noch mehr Vernunft wohnt der Natur in Gestalt des Menschen inne. Als Naturalist trete ich für möglichst vernünftige Problemlösungen ein, auch dort, wo vorerst noch die überwältigende Mehrheit der Leute sich kampflos mit Ausgeburten großer Unvernunft abfindet, etwa dem ständig wachsenden Missverhältnis von Arm und Reich.

Religion, Wissenschaft, Weltanschauung

Menschen haben fast nichts von dem erzeugt, was es alles gibt. Von allem können sie sich bloß ein freilich nur vergröberndes Bild machen. Zu den ältesten Grobheiten gehört, dass sie sich einen Gott ausdachten, dem sich alles, was ist, verdanken soll. Als ob auch über dem Weltganzen eine Art absoluter Herrscher thronte, schaltete und waltete, wie man einem solchen in irdischen Fürstentümern und Königreichen als Untertanen gefällig zu sein hatte.

In der Wissenschaft wird der Gottesgedanke vermieden, weil nur erforscht wird, was sich zumindest indirekt zeigt, sei es den fünf Sinnen oder den diese ergänzenden Instrumentarien – Logik und Mathematik eingeschlossen. Ein Gottesglaube muss dieser menschenmöglichen Forschungstätigkeit nicht im Wege stehen, tut es aber sehr oft, wie viele Jahrhunderte zum Beispiel der Kirchengeschichte – den Sinn für Humanität schockierend – demonstriert haben.

Von daher geht Säkularisierung, insbesondere Verwissenschaftlichung, mit Humanisierung einher, während übrigens in Politik und Wirtschaft sich gewaltig breit machende säkulare Weltanschauungen als Ersatz-Religionen auf neue Weise der Humanität wieder äußerst abträglich sein konnten – dem humanen Geist wissenschaftlich disziplinierter Weisheit zuwider.

Seins- und Sinnfrage

Warum kann das Weltall nicht aus sich heraus geworden sein? Warum muss es zu diesem Gewordensein etwa einen Gott geben? Warum kann nur ein solcher aus sich heraus geworden sein? Oder ist der auch nicht aus sich heraus geworden? Hat er einen Über-Gott dazu gebraucht? Und dieser einen Über-Über-Gott und so weiter und so fort? Wenn das Aus-sich-Gewordensein das Problem ist: Warum muss das Weltall überhaupt geworden sein und kann es nicht einfach immer im Werden sein, ohne Anfang und ohne Ende? Alles mag einen Anfang und ein Ende haben, aber das All kann doch ohne Anfang und Ende sein. Warum dazu erst eine "höhere" Instanz bemühen? Das tut man doch allenfalls, wenn man das Fehlen eines "höheren" Sinns von allem nicht wahrhaben und sich mit den unzählig vielen kleinen Sinn-Portionen nicht begnügen will.


Viruspandemie im Werden

Wie hat man viro-sophisch vielleicht auch selber herumlaviert: vor wenigen Wochen noch semiprofessionellen Verharmlosern recht geben, und mittlerweile deren Adressaten im Gegenteil vorwerfen wollen, sie hätten das Land nicht rechtzeitig trotz Jahre vorheriger Experten-Erwartungen einer solchen Pandemie gewappnet. Wie wäre es, nicht nur eingedenk dieses Zickzackkurses "besseren Wissens", sondern überhaupt vom Stande der "Unschuld des Werdens" (Nietzsche-Titel) aller wie und woran auch immer Beteiligten zu sprechen?

Was lernt Hänschen?

Eine witzige Sprichwortvariante lautet: "Was Hänschen nicht lernt, bleibt von ihm übrig." Um sicher weniger witzig, doch vielleicht etwas nachdenklicher dagegenzuhalten: Verdankt sich Hänschens Überbleibsel nicht auch schon einem Lernen? Vielleicht ja einem natürlicheren Lernen. Doch ist das Natürlichere das Unverfälschtere? Die Natur ist alles andere als fehlerfrei. Nahrungs- und Atemweg so dicht beieinander ist eines von unzähligen naturgeschichtlichen Missgeschicken. Doch wie auch immer: Von einem Hänschen, das nichts lernt, bleibt auch nichts übrig. Nun können freilich auch mit nichts viele sich anfreunden, zumal in einer Welt, in der niemand je auszulernen vermag. Eine, ja die einzige heile Welt ist infolgedessen die, die es nicht gibt.   

Stellung des Menschen

Die Natur bringt die Menschen mit sich. Daher tut kein Mensch etwas Unnatürliches, so widerlich vieles sein mag, was er tut.

Zufälliges ordnen wollen

Man kann alles für gottgewollt oder sonst wie determiniert halten oder aber ganz ohne das Bedürfnis einer allumfassenden Ordnung in seinem zufälligen Neben- und Nacheinander zur Kenntnis nehmen. Ein "geistiges Band" muss deshalb für die "Teile in der Hand" (Goethe: Faust, Schüler) nicht fehlen, aber immer wieder durch ein anderes, der jeweiligen Lage angemesseneres, ersetzt werden.

Richten und Rechten

Urteilen ist kein Teilen, sondern ein Erteilen, ein Richten, gegebenenfalls Verurteilen, ausgehend vom Richterspruch. Es ist auch ein Rechten und Rechthabenwollen, ausgehend von nicht immer eingestandenen Wertschätzungen, nicht immer eingestandenen Vorurteilen.

Idealisten als Nihilisten

Die idealistischen Genies der Goethezeit – Goethe selbst noch am wenigsten – betonten Teilen und "Ur-Teilung" (Hölderlin) um des Ganzen, Heilen, Göttlichen willen. Für diese absolute Sinn-Gebung nahmen sie tiefste Widersprüche auf sich. Das war das Moderne an ihnen, Hässliches nicht außer Acht zu lassen: umso herrlicher erstrahlte da hindurch die abschließende Schönheit, das grandios-heroische Finale – in ihren dichterischen und argumentativen Kunstwerken. Derart Nichtseiendes ins Werk zu setzen und Reales "aufzuheben" (Hegel), ist unter Nietzsches 'Nihilismus'-Diagnose gefallen.

Demokratie Diktatur Demokratur

Ach, Demokratie/Diktatur/Demokratur! Wir gehören ununterbrochen zu einem Staat, der in jedem "Notfall" sein Gewaltmonopol geltend macht, sei es enger, sei es breiter angelegt. De facto demokratisch sind die Verhältnisse immer und überall in dem Maße, in dem sich das Gros der Staatsbürgerschaft der Staatsräson fügt, mit oder ohne Stmmabgaben. Nur um die Rationalität dieser Räson kann man besorgt sein, zumindest mehr als um die Mehrheiten, die auch Extrem-Populisten je nach "Notlage" allzu leicht hinter sich bringen können.

Wie geht's weiter?

Warum auf Optimismus oder Pessimismus setzen? Alles kommt, wie's kommt. Gleichmut ist stets am angemessensten, wenn auch, zugegeben, die höchste Lebenskunst. Hölderlin wusste sie – etwa im "Lebenslauf" – auf die Dichtkunst zu übertragen.

Das realistische Gefühl

Warum auf Optimismus oder Pessimismus setzen? Alles kommt, wie's kommt. Gleichmut ist stets am angemessensten, wenn auch, zugegeben, die höchste, fast unerreichbare Lebenskunst.

Suche nach Schuldigen

Wissenschaft als Ursache von Super-GAUs an den Pranger zu stellen, zeugt von einem leichtfertigen Umgang mit dem Kausalitätsbegriff, der ohnehin arg ins Rutschen gekommen ist. Ein Wissenschaftler, der über den ökonomischen oder militärischen Einsatz etwa von Kernenergie entscheiden würde und dergestalt ein 'Urheberrecht' darauf hätte, wäre hauptamtlich in ganz anderer Funktion. Freilich tragen Wissenschaftler als Politikberater einen gehörigen Teil Verantwortung, doch wiederum nicht in forschender, sondern eben beratender Funktion – ähnlich wie von einem PEN-Vorsitzenden in diesem Amt kein Sprachkunstwerk erwartet wird, das dann ausschlaggebend wäre zum Beispiel für den Ausschluss eines Mitglieds. Die Suche nach Schuldigen gehört überhaupt zum Fragwürdigsten und steht der Lösung von Problemen vielleicht mächtiger im Weg als noch die zweifelhafteste Unschuldsvermutung. Mit Moral dürfte keinem Teufelskreis zu entrinnen sein. Das spricht keinesfalls gegen gründlichste Fehleranalysen. Der empirischen Wissenschaft übrigens ist die "Kardinaltugend" der Besonnenheit nicht wesensfremder als dem übrigen Geistesleben. Ebenso steht jede Erkenntnisweise in der Gefahr, sich jeder anderen überlegen zu wähnen. Keine sollte es wohl versäumen, sich selber mit Vorsicht zu genießen.

Naturforschung und Gottesidee

Der philosophische Pantheismus der Neuzeit korrespondiert mit einem naturwissenschaftlichen Forschungsstand, der noch in Einklang zu bringen war mit der dominierenden Wirklichkeit idealer Verhältnisse – der göttlichen Substanz bei Spinoza, dem absolut vernünftigen "Reich Gottes" bei Hölderlin, Hegel und Schelling (in deren "Systemfragment des Idealismus"). Auf dieser metaphysischen Grundlage kommt für die natürlichen Verhältnisse nur in Betracht, sich Idealvorstellungen zu fügen. Die naturphilosophischen Ausführungen Hegels und Schellings sind grandiose Abgesänge dieser onto-theo-logischen "Physik" – ein bis zwei Menschenleben vor der evolutions-, relativitäts-, quanten- und wahrscheinlichkeitstheoretischen Wende der empirischen Wissenschaften, in denen auf die Probe gestellte Modelle das spekulativ-Ideelle beerben. Die Natur so nehmen, wie sie ist, muss durchaus nicht heißen, sie als starres Sein zu verstehen. Gerade der Pantheismus stellt eher ein festes Gedankengebäude dar, während die empirische Forschung von einer Dynamik in die nächste gerät. So lebhaft hat sich auch kein idealistisches System ausgestalten lassen. Ich meine die Dynamik alles Naturgeschehens, das von der modernen Naturwissenschaft immer genauer beobachtet wird, während die traditionelle Philosophie sich einen denkkünstlerisch vielleicht fabelhaften, doch ansonsten stets vorschnellen Reim auf alles zu machen pflegt bzw. überhaupt nur um des Reimes willen zu Werke geht.

Natur der Philosophie

Wenn schon Liebe zur Weisheit, dann ist Philosophie Liebe zur Weisheit der Natur. Aber was heißt dann noch Weisheit! Statt die Natur pantheistisch zu vergöttlichen (Spinoza, Goethe ...), genügt es vollauf, sie naturalistisch so zu nehmen, wie sie ist, und statt von ihrer Weisheit von ihrem so schlichten wie ergreifenden Treiben zu sprechen. Bleibt der Philosophie dann übrig, dieses Treiben der Natur zu lieben und sich als "Amor fati" (Nietzsche) zu heroisieren? Ich denke, dass es hier Liebe so wenig wie Bewunderung braucht, sondern dass es Verwunderung tut. Last not least ist Philosophie also das immerwährende Staunen des Naturforschers über das Treiben der allgegenwärtigen Natur, nicht mehr und nicht weniger.

Krieg dem Virus!

Die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des neuartigen Krankheitserregers COVID-19 haben ein solches Ausmaß angenommen, dass nahezu von einem Kriegszustand gesprochen werden kann. Alle werden zumindest dringend aufgefordert, mit ihrem Verhalten eine Art Kriegsdienst zu leisten. "Kriegsdienstverweigerer" (veraltet: [Ab-]"Wehrkraftzersetzer") haben entsprechende Sanktionen zu erwarten, bis zu Gefängnisstrafen. Nicht zufällig redet man in Spanien von einer Lage, wie sie seit dem Bürgerkrieg 1936-39 nicht mehr vorgekommen sei. Das womöglich jahrelange "Herunterfahren" aller zivilgesellschaftlichen Aktivitäten könnte, auf ein anderes Dazumal bezogen, in der Tat eine Situation herbeiführen, die als neue "Stunde Null" zu kennzeichnen wäre.

Ein schöpferischer Krieger

"Der starke Mensch" ist nach Nietzsche ein Philosoph, der im Leben – früher oder später – von einer "harten Schule" in die Zucht genommen wird, wodurch er sich als Krieger hervorzutun vermag, ohne eine tödliche politische Kriegskunst auszuüben. Das Befehlen und "auf eine stolze Weise" Gehorchen gehört ursprünglich zum schöpferischen Werdegang – nicht zum schlächterischen, den der preußische Militarismus ausgeklügelt förderte.

(Zitate aus "Der Wille zur Macht", 4. Buch, Kröner Verlag)

Vireninfektion als Katastrophenfall

Spielen wir im Zweifel bei einem hochinteressanten Probealarm doch alle voll mit!

Worum es geht

Jedes Lebewesen, sogar das Virus, will möglichst viel vom Leben haben. Möglichst viel versprechen sich Lebewesen unserer Art vom Zivilisiertsein. Sie eignen sich Sitten an, durch die sie sich von anderen Artgenossen abheben und de facto für bessere Menschen halten. Um dabei sicher zu gehen, wappnen sie sich gegen die Un- oder auch nur Andersgesitteten. Im Namen der einen oder anderen Sitte kommt es so zu Kämpfen, in denen es um möglichst viel vom besseren Leben geht. Ob vom besseren oder vom Leben überhaupt, was tut's: beides sind nur unterschiedliche Ausdrücke fürs Prinzipielle, nämlich Nietzsches Weltformel "Wille zur Macht".

Von besserem Wissen

Wissenschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie Ungewissheiten präziser zu bestimmen pflegt, als Besserwisserei es tut und will.

Vom bestmöglichen Walten

Welches Selbst ist bei einer echten Selbstverwaltung, einer Anarchie im besten Sinne, maßgebend? Ein durch und durch vernünftiges, ein hoch moralisches, ein wahrhaft menschliches? Oder kann es nicht immer nur das Kontingent der durchwachsenen Selbstheiten der Beteiligten sein? Um die dann zur Moralität, Humanität und Vernunft zu bringen, müssten die dafür Engagiertesten sich durch-, sprich, die Anarchie außer Kraft setzen. Die Alternative ist ein ähnliches Fehlgehen jeder Selbstverwaltung wie das jeder bisherigen Herrschaft. Ideale sind nicht realitätstauglich; denn sie werden überall von der Realität eingeholt. Übrig bleibt immer allein die Einmischung des eigenen realen Selbst in die übrige Realität – mit stets subidealen Folgen. So ergibt sich fortwährend das Beste, was gerade möglich ist.

Gift des Verdachts

Man sucht und findet für ein komplexes Problem "Schuldige", wofür ein paar fadenscheinige Verdachtsmomente ausreichen. Praktisch kommt so etwas als Lynchjustiz vor, theoretisch als Verschwörungsideologie.

Marx als Metaphysiker

"Der Mensch lebt von der Natur, heißt: Die Natur [außerhalb seines Körpers] ist sein Leib, mit dem er in beständigem Prozess bleiben muß, um nicht zu sterben." Zu dieser Aussage des jungen Karl Marx in seinen Pariser Manuskripten (MEW 40, S. 516) folgende kritische Anmerkung:

Die Angewiesenheit und insofern Abhängigkeit eines Individuums, sei es ein menschliches oder ein sonstiges, auf anderes (und andere) bzw. von anderem (und anderen) macht weder alles andere noch jeden anderen zu einem Teil irgend eines Individuums. So findet zwar zwischen jedem Leib und seiner Umwelt ein Stoffwechsel statt (Vorsicht: Infektionsgefahr!), aber keine Verschmelzung zu einem Gesamt-Leib. Marx redet mir an dieser Stelle zu undifferenziert.

Kein Mensch und auch nicht die menschliche Spezies insgesamt ist ein allumfassender Zusammenhang, wohl aber die natürliche Welt, die sich zugleich ausdifferenziert. Die Naturforschung vollzieht in all ihren Disziplinen dieses Differenzieren nach, statt metaphysisch (mystisch oder dialektisch) darüber hinwegzuspekulieren.

"Verwechselt mich ... nicht!"

Die Zufälligkeiten im Leben Friedrich Nietzsches ließen ihn eine Ausnahmeerscheinung sein, wiederholt auf einsamen geistigen Höhenflügen, abwechselnd damit in mehrerlei geistigen Umnachtungen (Wagnerianismus ... Liebesleid ... Progressive Paralyse). Dies musste dazu führen, dass, wer Nietzsche liest, ihn leicht mit Nietzsche verwechselt. So weit mein erstes Fazit gegen Ende der Lektüre von Christian Niemeyers "Nietzsche"-Buch ("Werk und Wirkung eines freien Geistes"), wonach ich gut beraten bin, wenn ich den 'mittleren' Werken – "Menschliches, Allzumenschliches", "Morgenröte" und "Die fröhliche Wissenschaft" – die vornehmliche Aufmerksamkeit widme. Denn in denen komme die europäische Aufklärung noch einmal einen bedeutenden Schritt weiter.

Apropos "kollektives Unbewusstes"

Jede/r ist ein besonderer Mensch und zugleich ein besonderer Mensch. Statt "Mensch" kann man auch "Lebewesen" oder "Energiebündel" einsetzen.

Halb und halb

Eine heile Welt lässt nichts zu wünschen übrig. Sie ist eine so widersinnige wie unglaubliche Anmaßung. Gerade die besten Ärzte sind nicht als "Heiler" adäquat angesprochen, ebenso wenig irgendeine Person als "Heilige". Das fortwährend Unfertige, Unvollkommene an uns lässt uns Menschen sein und bleiben. Alle sind wir immerzu unterwegs, jede/r woanders, und deshalb kann das Erleben der Andersheit des anderen Menschen eigentlich nie ausbleiben. Dass wir von daher einander nie einig werden können, nicht einmal eine/r mit sich selbst, sollte nicht wundernehmen lassen, dass es in jedem Gespräch Differenzen gibt, wenn es kein "halbes" ist. In ernstzunehmenden Gesprächskreisen gehe ich gern aufs Ganze, damit möglichst oft beide "Hälften" aneinandergeraten, einer Wahrheit zuliebe, die nicht verordnet werden kann, nur endlos erstrebt, gewiss nicht am unwahrhaftigsten in einer anhaltenden und anhaltend ausgehaltenen Kontroverse.

Nur Menschen bauen

Menschen können einerseits Meisterwerke bauen, andererseits auch jede Menge Mist. Beides können nur sie. Zwar wird gelegentlich auch von der Natur als "Baumeisterin" gesprochen, ebenso (etwa in der Freimaurerei) von einem "Baumeister des Weltalls"; ferner ist die Rede vom Nestbau der Vögel, vom Fuchsbau und dergleichen sehr geläufig. Aber um ein Bauen handelt es sich dort überall nur im übertragenen Sinn. Immer hat mangels Differenzierung die menschliche Bautätigkeit als Muster gedient, und der Anthropomorphismus war alternativlos. Erst die Evolutionsforschung hat mit dieser Naivität aufräumen können und neben der willentlichen Bautätigkeit unserer Spezies großenteils Milliarden Jahre lang währende unwillentliche, plan- und ziellose Abläufe in Betracht zu ziehen vermocht, die nur im Ergebnis den Eindruck erwecken, als ob die Natur oder ein göttlicher Schöpfer am (Bau-)Werk (gewesen) wäre. Offenbar, so die zahllos gewordenen empirischen Befunde, können schöpferisch anmutende Effekte auch ganz unwillkürlich erzielt werden, wenn ein urwüchsiges Reagieren bloß jeweils genügend viel Zeit hat, sich abzureagieren. Nacheinander sind auf diese Weise Atome, Sterne, die Erde, Lebewesen und wir Bauleute entstanden, ohne selber gewollt und gebaut worden zu sein. Das für diesen Stand der Dinge maßgebende evolutionäre Theoriegebäude steht zumindest vergleichsweise fest, wogegen die verschiedenen Schöpfungslehren recht baufällig aussehen.

Keine halben Sachen

Ich bin im Begriff, ein Philosophiekritiker zu werden; denn Philosophie ist (ähnlich wie etwa Freimaurerei oder Marxismus) nur eine halbe wissenschaftliche Sache. Nur mathematische und empirische Forschung gehen durchdacht aufs Ganze. Bei mir als leider nur Halbgebildetem genießen sie einen Respekt, den sonst keine Geistesgröße verdient.

Alles Mögliche ist

Leibniz entwickelte in seinem Hauptwerk "Theodizee" (1710) den Gedanken, dass Gott, bevor er diese Welt erschuf, die Möglichkeit hatte, auch eine andere von unendlich vielen Welten zu erschaffen; dass er sich dann aber für die beste von allen entschied. Dazu habe ich den Gedanken, dass kein Gott irgendeine Welt erschuf, sondern die unendlich vielen möglichen Welten Wirklichkeit sind, und zwar schon immer. So denke ich die natürlichste Erklärung dafür zu haben, dass es Menschen mit Visionen, wundersamen Kontakten mit Verstorbenen und sonstigen "paranormalen" Erfahrungen und Offenbarungen gibt. Von den unendlich vielen "Parallelwelten" (nach Hugh Everett) kann nämlich angenommen werden, dass sie zwar normalerweise nichts miteinander zu tun haben, unter besonderen Umständen aber durchaus zumindest ein wenig. Mir zumindest kommt mein Gedanke plausibler vor als der von Leibniz, zumal ich nicht wie er eine gottgegebene Welt schöner rede, als sie in den Augen zahlloser Betrachter erscheinen dürfte, auch wenn dieser metaphysische Optimismus mit dem Besten nur das vorherbestimmte Happy End meint und nicht den ganzen vorherigen Weltlauf. Was für ein starkes Stück eines Meisterdenkers, dessen Gott den leidenden Geschöpfen die Parallelwelt des Himmelreichs bis zuletzt vorenthält! Aber wenn das hier bereits die beste aller Welten ist, wieso kann auf sie überhaupt noch eine bessere folgen?

Bund fürs Leben

Nach genügend vielen Probeläufen zu Partner-, Bruder- und ähnlichen Gemeinschaften denke ich abschließend befinden zu können, dass mir nur eine Art von Bund fürs Leben durch und durch zusagt: der Vaga-Bund (auch "Tramp" genannt – Charlie Chaplin lässt grüßen).

Woraus wir bestehen

  1. Die Menschheit besteht aus Populationen.
  2. Beispiele: erster Menschenstamm und heutige Weltbevölkerung
  3. Populationen bestehen aus Individuen.
  4. Beispiele: du und ich
  5. Individuen bestehen aus Organsystemen.
  6. Beispiele: Blutkreislauf und Nervensystem
  7. Organsysteme bestehen aus Organen.
  8. Beispiele: Herz und Gehirn
  9. Organe bestehen aus Geweben.
  10. Beispiele: Blut und Nervengewebe
  11. Gewebe bestehen aus Zellen.
  12. Beispiele: Leukozyt und Neuron
  13. Zellen bestehen aus Polymeren.
  14. Beispiele: Protein und Nukleinsäure
  15. Polymere bestehen aus Molekülen.
  16. Beispiele: Phosphat und Zucker
  17. Moleküle bestehen aus Atomen.
  18. Beispiele: Wasserstoff und Sauerstoff
  19. Atome bestehen aus Elementarteilchen.
  20. Beispiele: Quark und Elektron  
  21. Elementarteilchen bestehen aus Quanten.
  22. Beispiele: Photon und Graviton
  23. Quanten bestehen aus Energie.
  24. Beispiele: kinetische und potentielle Energie


Sinn unserer Individualität

Wir sind Individuen, damit ein Mensch andere Menschen zum Beispiel nach dem Sinn unserer Individualität fragen und daraufhin Antworten erhalten kann, die ein breites Spektrum möglicher Antworten abdecken (inklusive Individualitätsleugnung) und dadurch derart viel Verwirrung stiften können, dass das die seltsamsten weltanschaulichen Blüten treiben kann mit kulturgeschichtlich unterschiedlichsten Folgen, so dass auch dann wieder gefragt werden kann, welchen Sinn das alles habe.

Naturalismus und Glaube

Als Naturalist liegt mir die Annahme einer übernatürlichen Schöpferkraft fern, sondern beziehe ich mich – gleich den allerersten griechischen Philosophen – auf die Natur, die es für Menschen als Welt voller vielleicht allesamt lösbarer Rätsel wissenschaftlich zu erforschen und technisch zu meistern gibt. Die technische Meisterung der Natur ist in Kraft, seit Menschen Werkzeuge herstellen, was sie seit Urzeiten tun. Ein künftiger Stand der Technik könnte sich als naturwüchsiges Zustandekommen einer "höheren Mächten" offenbaren, die in früheren Zeiten lediglich Vorspiegelung von Götter- oder Schicksalsgläubigen gewesen sind.

Warum sich heute nicht in der Askese üben, es bei vorläufigem Wissen und allenfalls noch bei Gedankenspielen zu belassen? Glauben heißt so viel wie auf etwas schwören. Was soll eine solche Übertreibung? Warum sollte es uns schlecht anstehen, im Ungewissen über die Lösung der großen Grenzfragen und Welträtsel zu sein, und besser anstehen, uns mit irgendwelchen Er/Lösungsphantasien zu behelfen, auf die wir uns dann glaubenstüchtig einschwören? Ich jedenfalls halte mich an die Horizonte des empirisch überprüfbaren Wissens, statt mir darüber hinaus etwas zusammenzureimen.

Mir geht es darum, mein geistiges Leben zu verweltlichen; es zu 'entspiritualisieren', ohne dass es deshalb geistlos wird – im Gegenteil. Heute hat niemand eine Ahnung, wie es mit der Evolution weitergeht. Da kann es noch etliche, vorerst nicht auszudenkende Natur-"Wunder" geben, von denen das sterbliche Leben nur eines der ersten Beispiele ist – was für eine säkular-geistige Herausforderung! Wir Menschen sind nicht "die Krone der Schöpfung". Es ist zudem davon auszugehen, dass wir mit unserem Wissen nur Stück für Stück vorankommen und noch einen schier unendlichen Weg vor uns haben. Nur ein "Glaube" kann so verstiegen sein, davon auszugehen, irgendeine "göttliche" Geistesgröße hätte alles immer schon voll unter Kontrolle. Tiefgehend "weltlich" kann 'Liebe zur Weisheit' erst werden, wenn metaphysische "Hinterwelten" als bloße Projektionen entlarvt oder auch als künstlerisch-metaphorische Spielräume "entweiht" sind.

Die eine, natürliche Welt ist ein solches Alles-in-allem, dass man in ihre Rätselhaftigkeit nicht zusätzlich noch allerlei hineingeheimnissen muss, um das zu übertreffen. 'Lob der Wissenschaft', der heute adäquate Philosophiebegriff, genügt.

Nutze den Talk!

Weil das Leben kurz ist (lateinisch: "vita brevis", nach Seneca), gibt es den Rat, den je heutigen Tag zu nutzen (lateinisch: "carpe diem", nach Horaz). Statt so der Kürze des Lebens, also der Tatsache des Todes zu gedenken (lateinisch: "memento mori", aus dem Mittelalter), sehe ich noch einen anderen Grund und eine andere Weise, Gelegenheiten zu ergreifen.

Alle Menschen wachsen in einer globalisierten Marktwirtschaft zusammen; und zusammen gehören sie ja auch ihrer Natur gemäß (frei nach "Nun wächst zusammen, was zusammengehört" von Willy Brandt). Naturgemäß im Sinne von wesensgemäß. Für maßgebend erachte ich hier die Wesensbestimmung, die Aristoteles von den Menschen gegeben hat: ihr Wesen sei, miteinander zu sprechen (altgriechisch: lógon échon, aus: Politik; deutsch von Martin Heidegger, aus: Grundbegriffe der aristotelischen Philosophie, HGA 18). Gewiss spricht man bereits beim weltweiten Geschäftemachen recht viel miteinander. Doch hier ist das äußerst schwache Personalpronomen "man" gewiss eher am Platz als die ausdrückliche Rede von „Menschen“. Die kapitalistischen Sachzwänge drängen auf eine Art von Kommunikation, mit der man sich auseinander dividiert, indem man handelseinig wird. Dadurch und auch durch begleitende Small Talks können Menschen nicht einmal ansatzweise miteinander in ein wesentliches Gespräch – in das Gespräch, das "wir sind" (aus Friedrich Hölderlins "Friedensfeier") – gelangen. Es bleibt ihnen systembedingt und entsprechend systematisch vorenthalten.

Es sei denn, einige und immer mehr von ihnen bringen das Kunststück, um nicht zu sagen: das Kunstwerk, fertig, in diesen "verwickeltsten Verhältnissen mit kühner Einfalt" (Schluss von Friedrich Schillers "Ästhetischen Briefen") wenigstens sporadisch und dann immer häufiger den Bann und die Bahn zu brechen für die "Ich und Du"-Konstellation (nach Martin Bubers Dialogphilosophie) und so zu beherzigen, was die Aufforderung "Nutze den Talk!" im besten Sinne heißen kann.

Menschwerdung ohne Lebensbund

Dass mir voraussichtlich kein Bund fürs Leben je "vergönnt" ist, weder ein Ehebund noch ein sonstiger separater Zusammenschluss mit einer begrenzten Anzahl anderer, will mir, alles in allem, mittlerweile durchaus nicht ungünstig vorkommen. Ich bin ein Mensch unter Menschen, die ziemlich dicht die Oberfläche des Erdballs bevölkern. Die heute Fernsten können mir gelegentlich die Nächsten sein.

Das Menschenmögliche sind nicht nur die zufälligen Kontakte mit Artgenoss/inn/en aller Weltgegenden, sondern darüber hinaus eine solche Pflege derartiger Bekanntschaften, dass sich die Perspektive eröffnet, sich überall im menschlichsten Sinne des Wortes als Mensch unter Menschen zu fühlen. Wenn einmal so universell das "Lernziel Solidarität" (Horst-Eberhard Richter) erreicht sein wird, kann zuguterletzt die lebensbündlerische Absonderung, sei sie eidgenossenschaftlich, blutsverwandtschaftlich oder wie auch immer, kein dringendes Bedürfnis mehr sein.

Ich möchte jetzt nicht dahin missverstanden werden, dass bald zehn Milliarden Personen auf dem Planeten alle zusammen so "ganzheitlich" miteinander verkehren könnten wie zwei Ehepartner oder, vereinigt "im Geiste", eine überschaubare Schar von Klosterschwestern. Doch schließe ich nicht aus, dass ein volles Sicheinlassen auf das menschheitlich große Ganze – frei von jedem Wir-und-die-anderen-Dualismus – das monastische ebenso wie das familiäre "Hochgefühl" einmal als Obsessionen erscheinen lassen kann, die sich im Strom einer erweiterten Mensch-Werdung totgelaufen haben werden. Auf Identitäten nationaler und großreligiöser Art sollte das schon zeitiger zutreffen.

Sich Sympathien verscherzen

Jürgen Klinsmann, Fußballweltmeister von 1990 und gefeierter "Sommermärchen"-WM-Trainer der deutschen Nationalmannschaft 2006, hat als Vereinscoach von Bundesligisten nun schon zweimal versagt. Das erste Mal 2009 in München betrüblich. Das zweite Mal diese Woche in Berlin schmählich?

Als der FC Bayern ihn vor zwölf Jahren als Cheftrainer verpflichtete, waren die Erwartungen beim Rekordmeister hoch wie immer. Der damals 44-Jährige konnte sie nicht erfüllen, und kurz vor dem Ende der missratenen Saison 2008/09 musste Jupp Heynckes für ihn einspringen, um wenigstens noch die Teilnahme des Clubs an der europäischen Champions League sicherzustellen. Klinsmann hatte es in dieser Stellung erstmals auf dem höchsten Niveau des Profifussballs versucht, und es war gewiss keine Schande, dass er scheiterte.

Es folgte ein halbes Jahrzehnt lang eine wechselvolle Arbeit mit der Mannschaft der USA, wo der gebürtige Göppinger seit den 1990er Jahren seinen ersten Wohnsitz hat. Dennoch bot er sich im November 2019 dem abstiegsbedrohten Bundesligisten Hertha BSC als sportlicher Krisenmanager für den Rest der laufenden Spielzeit an. Dieser Club liegt ihm schon lange so sehr am Herzen, dass er im selben Monat auch einen Posten im Aufsichtsrat des Vereins übernahm, während seiner Trainertätigkeit indessen ruhen ließ, gerade jedoch einmal elf Wochen. Seine sportliche Bilanz ist in diesem kurzen Zeitraum zwar eher bescheiden ausgefallen, doch immerhin noch so günstig, dass man sich nicht mehr in akuter Abstiegsnot befindet.

Gar nicht aufgegangen zu sein scheint aber "Klinsis" finanzielle Rechnung. Die Hertha-Geschäftsführung hat sich nicht bereit gezeigt, seine Position auf das bei englischen Spitzenclubs übliche Gehaltsniveau zu hinaufzukatapultieren. So möchte er jetzt wieder nur Aufsichtsrat sein. Zudem ist für ihn so gut wie sicher, dass sein provisorischer Nachfolger Alexander Nouri die schlechter bezahlte Arbeit fast ebenso gut macht wie er selbst zuvor und der Berliner Traditionsclub erstklassig bleibt.

Wie viele Sympathien mag sich Jürgen Klinsmann jetzt verscherzt haben? Ach, wessen Sorge soll das sein! "Sehe jeder, wie er's treibe, sehe jeder, wo er bleibe" (J. W. Goethe) im Big Business! Was ist denn der Sport sonst noch groß!

Quelle: Wikipedia

Macht macht nichts

Macht kommt nicht von machen, sondern von mögen. Wie das? Was mögen denn Mächtige? Als Mächtige haben sie ein Vermögen. Ebenso haben Vermögende als Vermögende Macht. Mit kleinem Vermögen weniger, mit größerem mehr Macht. Gewiss können Mächtigere mehr machen als weniger Mächtige. Aber machen können ist noch nicht machen. Etwas zu können heißt etwas zu vermögen. Als Vermögen ist Macht ein Können; man kann auch sagen: eine Möglichkeit. Mächtige oder Vermögende sind demnach Könner, nicht oder jedenfalls nicht unbedingt Macher. Obwohl sie jederzeit die Möglichkeit haben, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, besteht zugleich die Möglichkeit, dass sie nie dazu kommen.

Die Erbin eines Goldschatzes könnte dieses Vermögen lebenslang im Tresor liegen haben, der Wert des Goldes könnte sich in dieser Zeit sogar vervielfachen, doch wenn sie es nicht verwertet, bleibt es so etwas wie potentielle Energie (auch "Lageenergie" genannt). Das Gold dient immerhin als Rücklage für alle Fälle. Doch wenn kein solcher Fall eintritt, ist es, als wäre die reiche Erbin eine Habenicht(s)e. Damit kein solcher Fall eintritt, dürfte sie indessen in keiner Lebenslage etwas tun, was sie nicht täte, wenn sie nicht so vermögend, nicht so potent wäre, nicht so viele Möglichkeiten und so viel Macht hätte, ein dem gemäßes Risiko in Kauf zu nehmen. Zugegeben: das Beispiel eines so weitgehend tatenlosen wohlhabenden Menschen ist ziemlich aus der Luft gegriffen. Macht in Form von materiellem Reichtum bzw. wirtschaftlichem Vermögen ist nun einmal zum Einsatz da, zumal unter Lebensumständen, die einen solchen Einsatz immer wieder notwendig erscheinen lassen.

Ähnlich verhält es sich etwa bei einem Kampfsportler, der sich eine erhöhte Fähigkeit zur Selbstverteidigung aneignet. Durch tägliches Training mag ein solcher seine Fitness aufrechterhalten, doch außer in sportlichen Wettbewerben oder Schaukämpfen muss er vielleicht nie im Leben dieses Vermögen, einen körperlichen Angriff abzuwehren, zum Einsatz bringen. Es soll indessen Kampfkünste geben, deren Meister im alltäglichen Leben unangreifbar erscheinen, ohne dass sie diesen Eindruck durch ein irgendwie kraftprotziges Zutun erwecken. Ihre Macht macht nichts und wirkt sich dennoch mächtig aus. Abgesehen von solchen Ausnahmeerscheinungen, gehört viel Mut dazu, "wehrlos fort durchs Leben [zu wandeln]", ohne sich zu "sorgen" (Friedrich Hölderlin). In aller Regel will Macht in Machtkämpfen bewiesen und das "wehe, wenn sie los gelassen" (Friedrich Schiller) zu spüren gegeben werden.

Warum kein Freimaurer

"Freimaurer sind Leute mit Allüren. Sie wollen sich von der Masse abheben und lassen sich dazu in Sonderstellungen einweihen, wodurch sie zugleich ein elitäres Wir-Gefühl miteinander teilen. Im Grunde geschieht mit und bei ihnen dasselbe wie in jeder Clique, Sekte oder Fan-Gemeinde: man gehört irgendwo dazu, wo man fest zusammenhält. Die eigene Individualität wird dabei derart in die Pflicht genommen, dass man sie gar nicht mehr 'eigensinniger' ausprobieren will – wie das bei 'leutseligen' Leuten eben so ist."

Etwa so äußerte sich ein guter Freund, nachdem ich ihm von meiner Annäherung an die Freimauerei erzählt und er wenig später zusammen mit mir den Dokumentarfilm "Die Erben der Templer" auf Arte angeschaut hatte. Mir ist seitdem nach und nach klarer geworden, dass ich keiner Sorte von Glaubens- und Kultgemeinschaft (mehr) angehören und insbesondere vom "Regen" der katholischen Kirche nicht in die "Traufe" eines nächstbesten 'Bundes fürs Leben' kommen möchte. Mit den Unbequemlichkeiten, aber auch Annehmlichkeiten eines vagabundierenden Einzelgängertums ist mir dann doch, wie sich immer wieder gezeigt hat, am wohlsten in meiner Haut und am beschwingtesten in meinem Kopf.

Vielleicht noch pointierter gesagt: Auf meiner Suche nach einer geistigen Heimat habe ich die Freimaurerei ernsthaft in Betracht gezogen, näher besehen mir jedoch aus dem Kopf geschlagen, weil man es dort auf einen gedanklichen Neutralismus absieht, der die Geselligkeit befördern mag, den ich aber geisttötend finde.

Selbstkritik der Vernunft

Alle drei Kritiken Immanuel Kants – die "Kritik der reinen Vernunft", die "Kritik der praktischen Vernunft" und die "Kritik der Urteilskraft" – sind ausgearbeitete Beispiele für seinen "Kritizismus", der die Kompetenz der menschlichen Vernunft zur Selbstkritik beansprucht und diesen Anspruch erstmals in aller Form einlöst. Seitdem ist unter Vernunft per se kritische und zugleich selbstkritische Vernunft zu verstehen. Sie hat permanenten Läuterungsbedarf, und nichts und niemand außer ihr vermag diesen Bedarf so gründlich zu decken wie sie selbst. Am ausdrücklichsten an diesen rückbezüglichen Vernunftbegriff angeschlossen hat im 20. Jahrhundert Karl Poppers "Kritischer Rationalismus".

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Der doppelsinnige Lebensmittelpunkt

Von karmahoch "oben", besser gesagt: "oben"-flächlich, mag ein dunkler, wunder, toter Punkt ("Leiden") gesehen und bejammert werden, wo an jedem 'gepflückten' Tag ("carpe diem") ein springender, wendiger Wunder-Punkt das Leben frohgemut und gedeihlich sein lässt. Ich muss zugeben, dass mir die Wahl zwischen diesen beiden "Philosophien" auch noch oder sogar gerade im recht fortgeschrittenen Alter leicht fällt, Schritt für Schritt in Theorie und Praxis.

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Wie Philosophie begeistert

Philosophie ist die Freude von Menschen am wissenschaftlichen Erkenntnisvermögen, mit dem jeder Erdenbürger ausgestattet ist. Noch ehe sie, in Kindheit und Jugend, eine Wissenschaft betreiben, erfüllt sie dieser besondere Froh-Sinn, indem sie immerzu ihren Wissensdurst zu stillen suchen – selbst dann noch, als ihnen aufgeht, dass er letztlich unstillbar ist, und die meisten ihrer Artgenossen spätestens an diesem Punkt der Wohlvertrautheit mit irgendeinem engeren geistigen Horizont den Vorzug geben.

Dass wir nie alles oder irgend etwas endgültig wissen können, verdirbt wahren Liebhabern des Wissens (griechisch: philósophois) im Gegensatz etwa zu "der Magie Ergebenen" (Goethe: Faust) deshalb nicht den Spaß, weil ihnen das Lernen und Studieren um des Vernunftgebrauchs willen ein Herzensbedürfnis ist. Wohl wissend, dass sie scheitern müssen, nehmen sie es trotzdem, vielleicht unaufhörlich irrend, mit einer vielleicht unendlichen Weite und Tiefe auf. Doch weil es darin in jeglicher Nähe ein beachtenswertes Problem zu lösen gibt, können sie unentwegt ihr Glück als würdige Repräsentanten der Menschheit schmieden.

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Das Sagen haben

"dicere" ist das lateinische Wort für "sagen"; es kann auch "zeigen" oder "weisen" bedeuten. Eine berühmte lateinische Redensart lautet "dictum, factum" und bedeutet "Gesagt, getan!" Im Schöpfungsmythos der Bibel genügt "Gottes Wort", um "Himmel und Erde" entstehen zu lassen: 'Gesagt, erschaffen!' Mythen sind erdichtete Fakten; die Mythendichter spielen Gott, indem sie sagenhafte Tatsachen schaffen.

Das deutsche Wort "dichten" kann "etwas verdichten" oder "etwas erdichten" bedeuten; das verdichtende Dichten hängt mit "Dicke" zusammen, das erdichtende Dichten mit "Diktat". Man sagt, die Wörter "dichten" und "Dichtung" seien Homonyme, weil sie genau gleich lautende Wörter für Verschiedenes seien. Wenn jemand ein Dicker ist, muss er noch lange kein Dichter sein; sehr wohl aber er ist ein Dichter, wenn er in einem bestimmten Sinn diktieren kann.

Man sagt, die Wörter "diktieren" und "Diktat" seien analog, weil sie Wörter für Unterschiedliches, obgleich Ähnliches seien. Wer diktiert, kann ein Lehrer oder ein Chef sein, der einen Text mündlich vorsagt, damit dieser von einem Schüler bzw. einer Sekretärin möglichst tadellos schriftlich festgehalten werden soll; es kann sich aber auch um einen Machthaber handeln, der anderen mit seinem Wort etwas vorschreibt, das sie bei Strafe befolgen müssen.

Das lateinische Wort für "diktieren" ist "dictare"; "dictare" ist eine Verstärkung von "dicere"; es geht hier also um ein machtvolles Sagen, um ein Machtwort – um nicht zu sagen: Gotteswort.

Aus alledem lässt sich schließen: Es gibt eine Diktatur des Gedichts. Wer dichtet, hat das Sagen.

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Was heute nottut

Nötig hat die Menschheit jederzeit Fehlerkorrekturen, die am besten an solchen Fehlern vorgenommen werden, die weder tolerierbar sind noch momentan unlösbar erscheinen – damit sich Stück für Stück die Welt verbessern kann. Unter welchem "Firmenschild" solche Korrekturen laufen, ist egal. Keine Vereinigung kommt mir dazu auserwählt vor, so ausdrücklich hehre Ziele auch auf ihren Fahnen stehen oder zelebriert werden mögen. Auf die konkrete ein- oder gemeinsame Initiative kommt es an.

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Neues Parteienbündnis: ÖSB

Wie wäre es, wenn Grüne, Sozialdemokraten und Linke ein pragmatisches "Öko-Soziales Bündnis" miteinander eingingen? Dieses könnte außer als Rivalin auch als Koalitionspartnerin für die konservative "Union" (CDU/CSU) in Betracht kommen und so notfalls alle demokratischen Kräfte links von der 'blaunen' AfD bündeln. Ein solcher Notfall dürfte in absehbarer Zeit bestimmt noch einige Male aktuell werden. Die FDP könnte dann als die einzige Partei sich profilieren, der weiterhin das "Hufeisen" einer deutlichen Abgrenzung gegen "links" und "rechts" besonders wichtig ist, und so dem endgültigen Untergang geweiht sein. Liberal sind sowieso auch alle anderen gesonnen; denkt doch keine/r im relevanten politischen Spektrum an die Abschaffung der Marktwirtschaft, sondern höchstens an deren gerechtere Feinjustierung. Ausgerechnet mitten im Thüringer Narrentreiben könnte gegenwärtig der ÖSB-Trumpf gezogen werden.

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Wahrheit und Wetter

Die Wahrheit ist eine Art Unwahrheit und die Unwahrheit eine Art Wahrheit – ähnlich wie bei Wetter und Unwetter.

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Mich selbst erkennend

Mich selbst erkennend, bin ich eingedenk der Natur, die meine elementarsten Bestandteile und nach Milliarden von Jahren infolge einer höchst unwahrscheinlichen Kette von Zufällen mein individuelles Sein hervorgebracht hat und die noch am heutigen Tag sowohl meinen Organismus und Stoffwechsel durchdringt als auch für diesen eigensinnigen Gedanken die Trägerschaft innehat.

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Nicht wissen können

In seiner individuellen wie kulturellen Kindheit mag der Mensch ein besonderes Augenmerk für schützende Mächte haben. Doch schon früh kommt es zum Sehen von dualistischen Wesenszügen der Wirklichkeit, des Nebeneinanders von Wesen und Unwesen, Heil und Unheil. Folgerichtig wetteifern sodann die Sehweisen um die Deutungshoheit – unter entsprechenden Umständen bis aufs Messer. Heute noch. Lieber als mit all diesem konfliktträchtigen Herumgedeute beschäftige ich mich daher mit der metaphysisch zurückhaltenden empirischen Wissenschaft und lasse mit ihr zusammen der Weisheit letzten Schluss noch für unbestimmte Zeit auf sich beruhen. In der tiefen Ungewissheit sehe ich eine Herausforderung, die dem Menschenwesen durchaus gebührt und es zu immer weiterer Entfaltung bringt.

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Wahrheit und Irrtum

Mir erscheint es vermessen, darauf zu beharren, dass sich die einen in der Wahrheit und die anderen im Irrtum befinden. Vielmehr möchte ich die Möglichkeit nie ganz ausschließen, dass alle dabei sind, sich zur Wahrheit emporzuirren.

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Kür eines Narrenprinzen

Der Thüringer Landtag findet bei seiner ersten diesjährigen Wahl des Ministerpräsidenten weder eine Mehrheit rechts von der 31-prozentigen Linken (Bodo Ramelow) noch links von der 23-prozentigen Rechten (Björn Höcke), wohl aber eine rund um die 5-prozentige Mitte (Thomas Kemmerich) – zur Unzufriedenheit aller außer der Rechten. Bestimmt stellt sich bald heraus, dass alles nur ein Karnevalsspaß gewesen ist, der so weit östlich von Mainz, Köln und Düsseldorf kaum noch ein zünftiger hat sein können.

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Von guten Lexika

Ein gutes philosophisches Wörterbuch, vielleicht auch ein anderweitig ausgerichtetes Lexikon, kann sich nicht zuletzt dadurch auszeichnen, dass es von A bis Z mit wachsender Begeisterung durchzulesen ist. Die alphabetische Folge der Artikel stellt zwar gewiss keine systematische Ordnung dar, wohl aber so etwas wie ein Sortiment von Puzzleteilen, das ein geistreiches Mosaik zu werden verspricht und dieses Versprechen auch hält. Dabei braucht der Spieler in diesem Falle die Teile nicht zusammenzusuchen, sondern er kann geduldig abwarten, wie das bereits Gelesene nach und nach immer besser in den Zusammenhang aller Stichwörter passt. Man schnappt gewissermassen mal da was und mal da was auf und lernt so das ganze Sachgebiet wie eine Fremdsprache im Ausland kennen und bereits ein gutes Stück weit selber sprechen.

Genau so ist es mir zuletzt mit dem "Lexikon des Kritischen Rationalismus" ergangen, verfasst von Hans-Joachim Niemann zu den Werken und dem Denken von Karl Popper, Hans Albert und Paul Feyerabend. Gegenwärtig verbessere ich meine Vertrautheit mit den philosophischen und postphilosophischen 'Denkwegen' Heideggers anhand eines von Patrick Unruh erstellten Handbuchs mit dem Titel "Register zur Martin Heidegger Gesamtausgabe". Die darin gesammelten Stichwörter geben nicht bloß die Stellen in den Bänden an, wo die Begriffe vorkommen, sondern fügen dem eine gehörige Menge von Zitaten des Meisters hinzu. Mir geht es damit so, dass ich bei dem einen oder anderen Thema verlockt bin, die dazu zitierte Schrift für eine ausgiebigere Lektüre vorzumerken, so dass eigene Zugänge zu diesem in mehrerer Hinsicht frag-würdigen und ab-gründigen Gelehrten eröffnet werden können.

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Ein übermenschlicher Coup

Demokratie ist de facto einfach ein anderes Wort für Staat, und die Mächtigen darin haben sich schon immer besonders viel erlauben können – eine Konsequenz des Machtgefälles, das Staatsbildungen mit sich bringen. Der erfolgreichste Widerstand dagegen führt zu neuer Staatsbildung. Wie mag je dieser Teufelskreis so zu durchbrechen sein, dass die Kontrolle der politischen Macht und ihres Tötungsmonopols endlich eine gewaltfreie Alternative zur Staatlichkeit zeitigt? Das wäre wohl geradezu ein übermenschliches, wenn auch nicht unbedingt übernatürliches Kunststück.

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Nichtstun stets verachten?

Ich bin froh, wenn manche Hunde und auch manche Leute nichts tun.

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Sport- und Kriegsbegeisterung

Das Gros der deutschen Sportvereine wurde zwischen 1870 und 1914 im Kaiserreich gegründet, nach drei gewonnenen Kriegen unter preußischer Heeresleitung. Beispielsweise fällt die Gründung von 16 der 18 Fußball-Bundesligisten (Saison 2019/20) in jene Zeit. Viele Untertanen konnten in den Ballspiel-, Turn- und sonstigen derartigen Clubs ihren "Wehrwillen" als stolze Angehörige einer Siegernation an 'Heimatfronten' demonstrieren. Die zur damaligen Jahrhundertwende wiederbelebten Olympischen Spiele erlaubten diesem starken Volksbedürfnis, auch vielseitig internationale 'Schlachten' zu schlagen – als wollte man schon zur Übung für kommende Weltkriege einladen. So populär kann sich Imperialismus machen.

(Begleitlektüre dieses Gedankens: "Militarismus in Deutschland" von Wolfram Wette)

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Unterricht in Religion?

An allgemeinen Schulen ist das Fach Religion eine Zumutung. Im Geschichtsunterricht mögen derartige Glaubenssysteme noch Berücksichtigung finden, natürlich nicht mehr auf indoktrinierende Weise. Das Bildungswesen ist kein Missionierungswesen.

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Natur und Mensch

Die Natur des Menschen ist das Wesen der Natur. Die Natur west außermenschlich, menschlich und unmenschlich. Sie ist am Menschen und somit an allem schuld. Was der Mensch mit der Natur anstellt, stellt die Natur mit sich selber an. Und was immer er von ihr denkt, denkt die Natur von sich selbst. Sie ist das alleinige und vielfältig wesende Wesen. Alle Verhältnisse sind ihre Selbstverhältnisse. Sie greift nicht nur überall korrigierend ein, sondern begeht auch sämtliche Fehler. Ihr Umgang mit sich selbst ist der Umgang mit sich selbst schlechthin, in der vollständig und unendlich ausgebreiteten Form.

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Genug der Maloche!

Frei nach Freud und Schiller: Wo Arbeitsplatz ist, soll Spielraum werden.

– Nach Sigmund Freud (1856-1939), weil es bei ihm heißt: "Wo Es war, soll Ich werden." (Das Ich und das Es, 1923, 31. Vorlesung)

– Nach Friedrich Schiller (1759-1805), weil es bei ihm heißt: "Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt." (Über die ästhetische Erziehung des Menschen, 15. Brief)

Natur und Technik

Zwischen Natur und Technik zu unterscheiden, zeugt von einer Voreingenommenheit. Was kann uns so sicher machen, dass die Natur allein nicht bereits durch und durch ein technisches Gebilde ist? Etwa weil sie die Schöpfung eines Gottes ist? Oder weil sie in sich selber das Ursprüngliche ist? Oder weil das, was wir gewöhnlich für technische Gebilde halten, unendlich gegen alles Natürliche zurücksteht? Ob es einen Schöpfergott gibt, steht sehr in Frage. Genau so gut könnte es eine technische Intelligenz geben, die all das konstruiert hat, was wir Natur nennen und die unserer technischen Intelligenz noch himmelhoch, wenn auch nicht unendlich überlegen ist. Die unsere nähert sich vielleicht auf krummen Pfaden der überlegenen technischen Intelligenz an, bis sie mit ihr ineinsfällt, und die uns heute enorm erscheinende Differenz von Natur und Technik offenbart sich letzten Endes als Identität. Warum sollten bloß zunächst stümperhaft gebaute Schachcomputer nach und nach immer größeren menschlichen Meistern des Schachspiels die Show stehlen und nicht auch zunächst stümperhaft gebaute Roboter nach und nach immer edelmütigeren Menschen ebenbürtig werden? Zwischen Natur und Technik nicht zu unterscheiden, zeugt von einer Voreingenommenheit, die durchaus nicht von schlechten Eltern ist, sondern wofür zum Beispiel auch Heinrich von Kleists Essay "Über das Marionettentheater" bürgt.

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Göttliches bleibt Erfindung

In vergangenen Zeiten wurden göttliche Wesen mythologisch fingiert, in kommenden Zeiten werden sie technologisch generiert. Zweierlei "-logien" (Mythologie, Technologie) stellen sich somit einer Frage, die als die Frage nach dem Sinn, das heißt dem Logos, des Lebens die Zeiten überdauert. Dabei genießen die mythischen Gottheiten – trotz Aufklärung – im Vergleich zu den technischen nach wie vor ein größeres Zutrauen bei den Menschen. Noch so frei ersonnene Wundergeschichten tun "der Seele" wohler und erscheinen daher sinnvoller als noch so phantastische Erzeugnisse, zu denen eine künftige Ingenieurskunst imstande sein mag. Das könnte sich ändern, wenn der Zugang zur Kulturen übergreifenden Mathematik bzw. theoretischen Physik im Bildungswesen einmal hinlänglich weit offen für alle Menschen wäre und sich die philosophische "Liebe zur Weisheit" universell aus ihrem unverständigen Stadium herausentwickelte. In naher Zukunft bereits könnte das realistisch erscheinen, dürfte doch in der 4.0-Industriegesellschaft der besagte Bildungsbedarf kontinuierlich anwachsen und im Zuge dessen auch eine vermehrte Besinnung auf das Mathematische samt Schätzung seiner Schönheit damit einhergehen. Mir persönlich als wissenschaftlichem Dilettanten macht es da die klassische Musik, besonders die von Hegels Jahrgangsgenossen Beethoven, leicht. Die hilft mir nämlich sehr dabei, dass zumindest auf diese Art angewandte Mathematik Hochgenuss bereiten kann.

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Philosophische Initiativen ergreifen

Philosophische Initiativen sind Anläufe zum Ursprung. Wo solche Anläufe beispielgebend genommen werden, ergreifen sie den philosophischen Anfänger. Ein solcher Anfänger hat philosophisch bloß Interessierten ein anderes Fragen als das bloß neugierige voraus. Neugier endet immerzu, ob sie befriedigt wird oder nicht. Das andere Fragen kommt aus dem Staunen nicht heraus. Einmal ins philosophische Staunen versetzt, ergreifen nur noch Anläufe zum Ursprung, so vergeblich sie auch genommen werden. Sie offenbaren eine Vergeblichkeit, die den Menschen auszeichnet und die er gewöhnlich nicht wahrhaben, nicht hinnehmen, nicht erleben will. Dabei ist sie ihm ursprünglich. Doch dieses Ursprüngliche ist für ihn gewöhnlich zum Davonlaufen, zum Laufen in Laufbahnen, auf denen man weiterkommt, vermeintlich weiter weg von einem Ursprünglichen, das die Weglaufenden indessen jederzeit einholt, wie das dem Ursprünglichen eigentümlich ist. Der philosophische Anfänger geht den umgekehrten Weg, wohl meist zunächst in Begleitung von Vorgängern, deren Beispiele ihn ergreifen, mit Meistern von vergeblichen und dennoch notwendigsten Anläufen zum Ursprung. Ihn ergreifen (initiieren!) und er ergreift (initiiert!) philosophische Initiativen.

Philosophische Initiativen sind keine sozialen Bewegungen, jedenfalls keine im geläufigen Sinn. Jeder Anlauf zum Ursprung ist ein einsamer. Nicht auszudenken ist freilich die Weltveränderung, die eintritt, wenn in der Einsamkeit ein solcher Anlauf vielfach genommen wird – wenn daraufhin eine womöglich erstmals ursprüngliche Mensch-heit auflebt und sich einander zuwendet.

Wem sollte und kann eine philosophische Initiative von Beginn an begeisterter zugewandt sein als den inspirierendsten Philosophen, die einige wenige bürgerlich Lebende den Atem anhalten lassen! Daraufhin ist doch vor allem Intensivierung des "Kontakts" mit den Inspirationsquellen angesagt, jenes "kommunikative Handeln" nämlich, das im eindringlichen Lesen und Auslegen des Gelesenen besteht. Nahe liegt es dabei, Lesepartnerschaften einzurichten, in denen die eigene Lesart um eine oder mehrere zusätzliche Interpretationsansätze ergänzt werden kann. Nahe liegt dann indessen auch, dass tief Gedachtes in oberflächliches Gerede kommt. Im Grunde ist es alternativlos, allein auf den vorliegenden Text zu achten und jede Verlegenheit, in die er den einsam Lesenden bringt, auszuhalten statt in gesprächiger Atmosphäre aufzulösen. Der innige und ausdauernde Dialog mit einem maßgebenden Text kann ohne jegliche gesellige Ablenkung die Probe aufs Exempel sein für ein tiefer-als-gewöhnliches Miteinander überhaupt. Nur dergestalt kann für mich von einer Initiative gesprochen werden, die als philosophische ausgezeichnet ist. Andere wissenschaftliche oder weltanschauliche oder politische oder geschäftliche oder kulturelle oder sonstige Initiativen sind eben Initiativen anderer Art.

Tiefgang – gerade auch philosophische InitiaTIEFE – kann umsichtigen Umgang vertiefen, der nie ausbleiben sollte. Ein Beispiel ist der junge Marx, der sich in Hegel vertiefte und dadurch zu einer politischen Weltsicht und einem sozialrevolutionären Engagement gelangte. Eineinhalb Jahrtausende zuvor war es die Begegnung mit platonischer Philosophie, die Augustinus das Christentum als "die wahre Religion" auffassen und eine kirchenväterliche Laufbahn einschlagen ließ. Es mag auch auf weniger Eifer als in diesen beiden Fällen hinauslaufen, in denen der Tiefgang eher kurz und heftig als lang und sachte (lang-sam) gewesen sein mochte.

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Aufruf zum Bündeln

"Philosophie als Lebensform" – so lautet der Titel eines Buches von Pierre Hadot, der mich zu folgender Frage anregt: Welche Ideen und Bedenken lassen sich zusammentragen, die auf eine irgendwie praktischere und gemeinschaftlichere philosophische Aktivität als in Wissenschaft und Freizeit üblich zielen? Was können wir uns zum Beispiel unter einer 'philosophischen Initiative' (analog zu Bürgerinitiative, Friedensinitiative usw.) vorstellen? Wie wäre es vielleicht sogar mit einer 'Philosophiepartei', die dem Treiben der vorhandenen Parteien eine besondere Note hinzufügen kann? Es müsste dabei ja nicht unbedingt einem 'Philosophenkönig' wie in Platons Staatsutopie der Weg geebnet werden. Aber es könnte um etwas Politischeres und Profilierteres (à la Sokrates, den Kynikern, ...) gehen als etwa in einer "philosophischen Praxis", die lediglich das Spektrum der Psychotherapien ergänzt. Um etwas wahrhaft 'Gemeinnütziges' womöglich?

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Lernprozesse in Diskussionen

Jeder Diskussionsteilnehmer kann immer nur von seinem eigenen Standpunkt ausgehen, an dem es anschließend immer wieder etwas zu korrigieren gibt. Im Übrigen ist jeder eigene Standpunkt mit von anderen Gelerntem immer schon sattsam ausgestattet.

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Verschieden qualifizierte Mittelwege

Nicht jede Mitte ist eine 'goldene', etwa als Ergebnis schwieriger Verhandlungen. Denn mit großer Wahrheitsliebe haben faule Kompromisse oder nebulöse Kommuniqués nichts zu tun. Dann ist es oft besser, einen Dissens länger auszuhalten.

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Dazulernen ist sexy

Es scheint ein normaler Ablauf zu sein, dass beim Diskutieren ein Gegenstandpunkt zum eigenen sich erst einmal eine Weile "setzen" muss, ehe es bei einem selbst zur 'Befruchtung' des eigenen durch den anderen kommt. Geradezu wie bei der geschlechtlichen Fortpflanzung.

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Längere Hebel allenthalben

Nicht nur im rechtsfreien Raum gilt "Ober sticht Unter", sondern auch in demokratisch geregelten Gemeinwesen pflegt dieser Effekt einzutreten. Siehe die soziale Marktwirtschaft, wo Jahr für Jahr gemeldet wird, dass sich die "Schere von Arm und Reich weiter geöffnet" habe. Die Gleichstellung aller ist zwar gesetzlich verankert, aber das wirkt sich kaum anders als das 'Faustrecht' aus.

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Grenzen der Toleranz

Die Grenzen der Toleranz können von Menschen sehr unterschiedlich gezogen sein, sogar bei ein und demselben Menschen je nach "Tagesform". Das könnte letztlich daran liegen, dass einerseits die allgemeine Verbrüderung als erstrebenswertes Ziel gesehen werden und man andererseits gelegentlich nicht einmal sich selber ausstehen kann.

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Freiheit gibt's nicht

Freiheit bedeutet Allmacht – und die hat keiner. Oder Leere – und sonst nichts. Als Allmacht sähe sie so aus, dass alle außer einem ohnmächtig wären, den Absichten und Taten von diesem wahrlich Freien also niemand im Weg stünde.

Ein Beispiel für negative Freiheit: Frei von Freiheit sind die Unfreien. Positive Freiheit ist immer (zumindest ein wenig) eingeschränkt. Und eingeschränkte Freiheit ist eine contradictio in adiecto.

Jedes Individuum ist ein Spielball zahlloser Umstände. Eher hat es Sinn, statt von Freiheit von Spielraum zu sprechen; denn da ist im Wortsinn schon das Begrenztsein eingeräumt: das räumliche und das spielerische – kein Raum ohne Abmessungen, kein Spiel ohne Regeln.

Von Willkür unterschiedene Freiheit sollte man besser Moral oder Anstand nennen, damit die "freien" Leute wissen, wo sie dran sind. Sprechen wir besser von Recht statt von Freiheit. Recht ist etwas Eingeräumtes, Gewährtes – um eines gerechten Gemeinwesens willen. Das Wort Freiheit stiftet nur endlose Verwirrung und reizt zu Missbrauch aller Art – bis zur zynischen Auschwitz-Aufschrift "Arbeit macht frei".

Die Philosophie hat es mit der Freiheit bis zum Nihilismus getrieben – bis zur Nichtsheit.

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Rationales Naturwesen Mensch

Die Natur hat im Menschen eine Rationalität angenommen, die bis dahin fehlte? Eine Rationalität, die in puncto Vernunft wie Unvernunft eine evolutionäre Revolution bedeutet. Die Unvernunft mag den Weg alles Zeitlichen getreu dem bisherigen natürlichen Weltlauf mitgehen; denn sie unterliegt genau den Naturgesetzen, die sie weitgehend ignoriert. Aber was ist mit einer selbstkritischen Vernunft, die bei der alten Natur in die Schule geht und in einem Maße aus dem Naturgeschehen lernt, dass sie nicht nur mehr und mehr Spielräume ausschöpft, sondern auch neue Spielregeln (er)findet? Die Natur 'selbst' wird dann ja eben gescheiter, wenn eine ihrer Hervorbringungen eine solche Gescheitheit dank Emergenz erlangt. Ich halte es jedenfalls für die spannendste Geschichte der bekannten Welt, was alles aus dem Natur-Vernunft-Komplex im Menschen werden kann, welche neuartige Verwandlungskraft darin steckt. Mit Ernst Blochs Worten gesagt, kann dabei ein "Transzendieren ohne Transzendenz" (Motto zu Beginn von 'Atheismus im Christentum') Weltgeschichte schreiben, wenn dies nicht bereits in vielen Ansätzen in der bisherigen Gechichte zum "Vorschein" gekommen ist. Ich plädiere hier also für einen Naturalismus, der die Natur unserer Spezies nicht auf die vormenschliche Natur herunterbricht, sondern der sich offen hält für noch nie da gewesene (höchstens mythologisch zusammengesponnene) künftige vollendete Tatsachen möglichst der erfreulicheren Art.

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Leben als Stachelschwein

Als lebensgeschichtliche Konstante etabliert sich in meinem Fall, wenn ich etwa ein halbes Jahrhundert überfühle, die "Stachelschein"-Halbdistanz (nach Arthur Schopenhauers Parabel): allein sein und frieren geht nicht, enger mit Stacheln zusammenrücken geht auch nicht.

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Mist gebaut haben

GESTÄNDNIS

Ich hatte schlechte
Tage und Nächte,
Fiel in ein Loch,
Bin jetzt jedoch
Zu sagen bereit:
Es tut mir leid.

Es tut mir weh,
Wenn ich nun seh,
Wie schnell viel Mist
Zu bauen ist.
Ich hab‘s getan,
Und was daran
Nur dem guten Geist genügt,
Ist, wie milde ihr mich rügt.

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Macht von Konsumenten

Je vermögender ein Konsument ist, umso mehr Macht – "Macht" kommt von "(ver)mögen" – hat er, immer das Teurere zu kaufen, wenn das Billigere von krasserer Ausbeutung von Mensch und/oder Natur herrührt. So relativ ist die "Konsumentenmacht" und so "Die da oben"-lastig die Macht in der Gesellschaft.

Wer schauen muss, wo er sparen kann, hat die vorentschieden geringere "Konsumentenmacht". So profitieren Geringverdiener beim Einkauf zwangsläufig von Billiglöhnern in der Produktion. Im Hinblick auf 'erschwingliche' Lebensmittelpreise gilt dann: "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral" (Brechts Dreigroschenoper).

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Öpest oder Ökolera

Die derzeitige öffentliche Klimadebatte scheint auf die Wahl zwischen zwei "Ungeheuern" hinauszulaufen: Blüht in naher Zukunft der wirtschaftsliberal eingestellten Weltgesellschaft die globale Umweltkatastrophe, oder kann diese abgewendet werden, wenngleich nur ökodiktatorisch?

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Das kapitalistische System

Das kapitalistische System ist weniger eine 'hundsgemeine Ausbeuterclique' denn ein gesellschaftlicher Mechanismus, in diesem Fall einer, der sich in puncto Nutzenmehrung – selbst für "kleinere" Leute – eindrucksvoll lange bewährt hat, ohne das beliebig lange zu können. Denn es gibt Grenzen des systemrelevanten Wachstums. Aus dem nahen Weltraum dürfte man dem Planeten bereits Mangelerscheinungen ansehen; er wird ja auch entsprechend hergenommen von einem nicht mehr erd- und zeitgemäßen Verwertungsmechanismus. Dieses System ist suboptimal geworden. Es erhielt vorzeiten den politischen Segen und bedarf zur Zeit einer Ablösung durch ein neues. Es ist ein Problem geworden, und eine Lösung dieses Problems will gefunden sein. Der Druck dazu muss wohl von 'unten' kommen, die Problemlösung selbst kann nur die Sache hochqualifizierter Fachleute verschiedener Disziplinen sein. An der Zeit ist ein "Manhattan-Projekt", das die gesellschaftliche Arbeit einem sinnvolleren Hauptzweck zuführt: den beschädigten Planeten und das beschädigte Leben zu regenerieren. Doch dazu ist wohl der Karren immer noch nicht fest genug in den Dreck gefahren. Am schonungslosen Hauptzweck der Arbeit wird nicht gerüttelt. Und diese Rechnung geht sogar auf ... Noch! Solange noch nicht alles ausgebeutet, ausgereizt, ausgepowert ist – unter dieser wesentlichen Bedingung.

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Denken als Vergegenwärtigen

Das Denken kann als Vergegenwärtigen von Nichtgegenwärtigem gekennzeichnet werden. Es besteht demnach einerseits in Erinnerungen, andererseits in Erwartungen. Dem Gegenwartsbezug des Denkens wird dabei kein Platz eingeräumt. Das ist dann plausibel, wenn die Gegenwart als bloße Grenze zwischen Vergangenheit und Zukunft verstanden wird oder eben als die kognitive Vergegenwärtigung dieser oder jener. Außerhalb des Denkens kann man Vergangenes weder zurückholen noch Zukünftiges vorwegnehmen. Sonst gäbe es, weil das nicht geht, nicht die vielen Seufzer sowohl des Bedauerns als auch der Erleichterung.

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Denken an Gegenwärtiges

Bei konzentriertem Lesen ist man die ganze Zeit am denken, was man gerade liest. Entsprechend beim sonstigen Schauen und Wahrnehmen. Das Denken an das Wahrgenommene beim Wahrnehmen ist kaum ganz zu vermeiden. Was nicht heißt, dass wir deshalb "im Kopf" ausformulierte Gedanken fassten wie etwa hier beim Posten. Oft setzt das Denken bei einer augenblicklichen Wahrnehmung oder Empfindung ein und schweift dann bald in Künftiges, Vergangenes oder Ideelles ab. James Joyce brachte das im Roman "Ulysess" seinerzeit skandalös in die Form des "inneren Monologs", der sich im Kopf seines 'Helden' Leopold Bloom während des morgendlichen Stuhlgangs entspinnt.

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